9. Mai 2009
Glasgow Rangers – Glasgow Celtic 1:0 (1:0)
Ibrox Park, 50.321 Zuschauer
Scottish Premier League
Die gute Nachricht zuerst: Das Spiel fand statt. Ganz im Gegensatz zu meinem Versuch das Old Firm Derby in der Vorjahressaison zu besuchen. Da für dieses Spiel keine Tickets in den freien Verkauf gehen, muss man entweder die richtigen Leute kennen oder ein überteuertes Hotel-mit-Ticket-Paket kaufen, wozu ich mich letztlich auch hinreißen ließ. Zumindest der 40-Euro-Flug nach Edinburgh und die beiden anderen Nächte im Hostel machten den Trip finanziell erträglich.
Am viertletzten Spieltag standen die Rangers mit einem Punkt vor Celtic. Durch einen Sieg hätte Celtic vorbeiziehen und die Meisterschaft klar machen können. Selbst ein Unentschieden hätte reichen können, vorausgesetzt man entscheidet die restlichen Partien für sich. Leider aber kam es ganz anders.
Das Wetter war richtig schottisch: sehr wechselhaft, viel Wind und Regen, zwischenzeitlich scheinte die Sonne durch. Anpfiff war bereits um 12.30 Uhr, sodass ich mich gleich nach einem ausgiebigen Inselfrühstück, das locker den Cholesterinspiegel für die nächsten zwei Wochen hebt, per U-Bahn in den Glasgower Westen Richtung Ibrox machte. Mir fiel gleich auf, dass nur Fans der Rangers unterwegs waren. Spätestens jetzt erwies es sich als vernünftige Entscheidung neutral gekleidet zu sein. Die Gäste aus dem Osten der Stadt kamen allesamt in gecharterten Bussen und Großraumtaxis angereist. Hier in Glasgow ist es wohl besser, man begegnet dem Feind nicht auf der Straße oder dem Bahnhof.
In Ibrox angekommen – mittlerweile schüttete es aus Kübeln – begab mich sogleich auf die Gästetribüne, den Broomloan Stand, den ich mir mit rund 8000 Grün-Weißen teilte. Großartige Stimmung, sehr lautstark, optisch unterstützt durch tausende kleine irische Tricolores, die zuvor verteilt wurden. Beim Einlaufen der Mannschaften stieg der Lärmpegel auf ein Maß wie ich es noch nicht erlebt habe. Heute ein Sieg auswärts beim größten aller Rivalen und wir sind Meister!
Die Hoops taten sich aber schwer. Es gab auf beiden Seiten ein paar wenige gute Gelegenheiten, aber insgesamt konzentrierte sich das Spiel aufs Mittelfeld. Bis dann in der 35. Minute Davis für die Gastgeber traf. Die Rangers-Fans flippten aus, obszöne Gesten und hämische Gesänge in ohrenbetäubender Lautstärke, und sogar eine in britischen Stadien unübliche Rauchbombe, die in unmittelbarer Nähe unserer Tribüne gezündet wurde.
Die Celts drängten nun auf den Ausgleich, am besten noch vor der Pause. Und immerhin blieb noch eine weitere Halbzeit, um das Spiel zu drehen. Das gelang aber nicht. Dementsprechend groß war die Enttäuschung. Jeder spürte, dass nach drei Meistertiteln in Folge nun wieder die anderen an der Reihe sein dürften. Es blieb nur noch die kleine Hoffnung auf einen Ausrutscher in den letzten drei Spielen. Da man aber selbst nicht vorlegen konnte, blieb das unerheblich. Celtic gewann zwar die nächste Partie gegen Dundee 2:1, kam aber in den verbleibenden zwei Spielen gegen die beiden Edinburgher Teams der Hibernians und der Hearts jeweils nicht über ein 0:0 hinaus.
Nach dem Verlassen des Stadions wurden die Celtic-Fans von der Polizei erstmal auf einen 2 km entfernten Parkplatz getrieben. Es dauerte über eine Stunde bis ich wieder ein öffentliches Verkehrsmittel erreichte. Ich fuhr umgehend nach Parkhead im Osten der Stadt, der Hochburg der Celts, wo man im Gegensatz zu Govan als Gast gerne gesehen ist. Die Häuser fast alle durchgehend mit Celtic-Fahnen geschmückt und großer Betrieb in den Kneipen. Es wurde noch viel gesungen und getrunken.
Die restliche Zeit in Glasgow nutzte ich noch zu einem Besuch im wirklich sehenswerten Scottish Football Museum sowie Stadiontouren im Hampden Park und bei Celtic. Die Stadiontour im Celtic Park wurde übrigens von Dixie Deans geleitet, erfolgreichster Torschütze der 70er Jahre (132 Treffer in 184 Spielen). Ein sehr netter Mensch, bei dem mann spürt, dass er mit Herzblut bei der Sache ist, und der sich per Handschlag von mir verabschiedete und sich bedankte, dass ich den langen Weg zum Derby angereist war.