Am Montag, den 28. November 2022, forderte der ehemalige Vizepräsident Michael Richard Pence öffentlich von Donald John Trump eine Entschuldigung für ein Dinner mit dem weiß suprematistischen Aktivisten Nick Fuentes und dem Rapper Ye (ehemals Kanye West). Die Begegnung fand am 22. November 2022 in Mar-a-Lago, Trumps privatem Club in Palm Beach, Florida, statt – nur sieben Tage nachdem Trump offiziell seine dritte Präsidentschaftskandidatur angekündigt hatte. Pence, der von 2017 bis 2021 Trumps Stellvertreter war, nannte das Treffen in einem Interview mit NewsNation einen „fataLEN Fehler“: „Er hat einem Holocaust-Leugner und Antisemiten einen Platz am Tisch gegeben. Das ist nicht nur falsch – es ist moralisch inakzeptabel.“
Ein Dinner, das die Republikaner spaltete
Was wie ein harmloses Treffen zwischen Freunden erschien, entpuppte sich als politischer Brandfall. Fuentes, 24, ist Gründer der extremistischen Plattform „America First“ und wurde 2018 von YouTube verbannt, nachdem er öffentlich behauptet hatte, der Holocaust sei eine „jüdische Erfindung“. Ye, der 2022 von Adidas und anderen Marken wegen antisemitischer Äußerungen fallen gelassen wurde, hatte Fuentes unangekündigt mitgebracht. Trump behauptete später, er habe „nicht gewusst, wer Fuentes ist“. Doch die Erklärung hielt kaum Stand: Die Veranstaltung fand zwei Stunden nach Trumps Kampagnenstart statt – ein Timing, das viele als bewusste Geste interpretierten.
Der ehemalige Gouverneur von New Jersey, Christopher James Christie, war noch deutlicher: „Das ist nicht nur ein Fehler – es ist ein Warnsignal dafür, dass Trump für eine Generalwahl untauglich ist.“ Selbst die Weiße Haus-Sprecherin Karine Jean-Pierre reagierte mit seltener Schärfe: „Wir müssen das mit absoluter Klarheit verurteilen.“
Reaktionen aus der jüdischen Gemeinschaft
Die Anti-Defamation League (ADL) in New York und die American Jewish Committee (AJC) veröffentlichten innerhalb von Stunden gemeinsame Erklärungen. „Solche Treffen normalisieren Hass“, sagte ADL-Chef Jonathan Greenblatt. „Es ist kein Zufall, dass Fuentes seit 2017 über 300 antisemitische Posts verbreitet hat – und jetzt sitzt er an Trumps Tisch.“
Die Reaktionen gingen sogar weiter: Der ehemalige US-Botschafter in Israel, David Friedman, der unter Trump diente, kritisierte Trump bereits am 27. November – bevor Pence sprach. „Das ist kein politischer Fehler, es ist eine moralische Kapitulation.“
Die Schweigenden im Senat
Während Pence und Christie öffentlich kritisierten, blieben die wichtigsten Republikaner im Kongress stumm. Mitch McConnell und Kevin McCarthy vermeideten jede direkte Kritik – und deuteten stattdessen an, Trumps Team habe versagt. Die Republikanische Nationale Komitee (RNC) unter Vorsitzender Ronna McDaniel veröffentlichte keine Stellungnahme. Doch interne Umfragen, die am 26. und 27. November durchgeführt wurden, zeigten eine dramatische Wende: Unter moderaten Republikanern im Alter von 35 bis 54 Jahren in Swing States wie Pennsylvania, Michigan und Wisconsin sank Trumps Zustimmung um sieben Prozentpunkte.
Das ist kein geringer Verlust – besonders, wenn man bedenkt, dass Trump in diesen Bundesstaaten 2020 mit weniger als 45.000 Stimmen gewann. Jeder Prozentpunkt zählt. Und jetzt, da die jüdische Wählerschaft, die traditionell eher demokratisch ist, sich verstärkt mobilisiert, könnte Trump nicht nur Wähler verlieren – sondern auch Spenden.
Was kommt als Nächstes?
Am 1. Dezember 2022 wird Pence in Washington, D.C., beim Hudson Institute eine Rede halten, in der er seine Kritik ausweiten will. Christie spricht am 3. Dezember in Manchester, New Hampshire – dem ersten wichtigen Primärstaat. Gleichzeitig bereiten die Republican Jewish Coalition und andere jüdische Organisationen eine Koordinierungsaktion vor: Am 30. November soll eine Notfallkonferenz stattfinden, um Spendenrichtlinien für Trumps Kandidatur zu überprüfen.
Die Atmosphäre in der Republikanischen Partei hat sich verändert. Es geht nicht mehr nur um Politik – es geht um Moral. Und die Frage lautet: Wer wird als Nächster aufstehen? Oder wird die Partei weiterhin schweigen, solange Trump die Wählerzahlen hält?
Hintergrund: Ein Muster der Verharmlosung
Dies ist nicht der erste Fall, in dem Trump Hassgruppen als unbedeutend abtat. Nach dem Unite-the-Right-Marsch 2017 in Charlottesville sagte er, es gebe „schlechte Menschen auf beiden Seiten“. Damals wurden zwei Menschen getötet – doch Trump weigerte sich, die Neonazis zu verurteilen. Jetzt wiederholt sich das Muster: Ein Mann, der Holocaust-Leugnung verbreitet, sitzt am Tisch des ehemaligen Präsidenten – und Trump weigert sich, ihn zu verurteilen.
Was ist anders diesmal? Dass es ein prominenter Republikaner wie Pence ist, der öffentlich kritisiert – und das nicht als Parteigänger, sondern als jemand, der selbst jahrelang an Trumps Seite stand. Das macht es schwerer, ihn als „Verräter“ abzutun. Es ist ein Zeichen: Selbst Freunde erkennen, dass etwas tiefgreifend falsch läuft.
Häufig gestellte Fragen
Warum ist das Dinner mit Nick Fuentes so problematisch?
Fuentes ist kein gewöhnlicher Konservativer – er leitet eine Plattform, die offen antisemitisch ist, den Holocaust leugnet und weiße Überlegenheit propagiert. Seine Äußerungen wurden von YouTube, Twitter und anderen Plattformen entfernt. Dass Trump ihn zum Dinner einlud – selbst wenn er behauptet, ihn nicht zu kennen – signalisiert eine Akzeptanz dieser Ideologien. Das ist kein Versehen, sondern eine politische Botschaft.
Wie hat sich Trumps Beliebtheit unter Republikanern verändert?
Interne Umfragen der RNC vom 26. bis 27. November zeigten einen 7-Prozent-Punkte-Rückgang bei moderaten Republikanern zwischen 35 und 54 Jahren in entscheidenden Swing States wie Pennsylvania und Michigan. Diese Gruppe ist entscheidend für eine allgemeine Wahl – und sie reagiert empfindlich auf Hassrede. Der Verlust könnte sich in geringeren Spenden und geringerer Wählermobilisierung niederschlagen.
Warum hat die RNC nicht reagiert?
Die RNC unter Ronna McDaniel hält sich bewusst zurück – vermutlich aus Angst, Trumps Basis zu verärgern. Doch diese Strategie ist riskant: Während Trumps Anhänger die Verurteilung von Fuentes ablehnen, könnten moderate Wähler und Spender sich abwenden. Die Partei steht vor einer Zerreißprobe zwischen Loyalität und Glaubwürdigkeit.
Was bedeutet das für Trumps Kandidatur 2024?
Trump bleibt führend in den Vorwahlen – doch die jüdische Wählerschaft, die in Städten wie Miami, Philadelphia und Chicago zählt, könnte sich massiv gegen ihn mobilisieren. Gleichzeitig könnte die Partei in den Swing States Schwierigkeiten haben, Wähler zu gewinnen, die Hassrede ablehnen. Trumps Chancen auf eine Mehrheit im November 2024 hängen jetzt davon ab, ob er sich von Fuentes distanziert – oder weiterhin mit ihm tafelt.
Warum ist Michael Pences Kritik so wichtig?
Pence war kein kritischer Rivalen – er war Trumps treuer Verbündeter, der ihn sogar bei der Zertifizierung der Wahl 2020 unterstützte. Dass er jetzt öffentlich sagt, Trump habe „falsch gehandelt“, ist ein schwerwiegender Bruch. Es zeigt, dass selbst jene, die ihm am meisten vertrauten, die Grenze überschritten sehen. Das macht seine Kritik nicht nur moralisch, sondern auch politisch schwer zu ignorieren.
Was passiert als Nächstes?
Am 1. Dezember spricht Pence beim Hudson Institute, am 3. Dezember Christie in New Hampshire. Gleichzeitig plant die Republican Jewish Coalition eine Notfallkonferenz, um Spendenrichtlinien zu prüfen. Wenn weitere Republikaner folgen, könnte Trumps Finanzierungskanal ins Wanken geraten – besonders, wenn große Spender wie Sheldon Adelsons Erben oder andere jüdische Unternehmer ihre Unterstützung zurückziehen.