Ab dem 1. Dezember 2025 endet die Übergangsregelung, die bis Juli 2024 den Rentenzuschlag von bis zu 7,5 % für Erwerbsminderungsrentner als nicht anzurechnendes Einkommen schützte, und dadurch droht eine massive Rentenkürzung für rund drei Millionen Menschen in Deutschland. Wie Peter Knöppel, Rentenexperte, erklärt, bedeutet das, dass der bisher separate Zuschlag künftig Teil der offiziellen Rente wird – das Blatt „Papier“ steigt, das Geld im Portemonnaie aber nicht.
Hintergrund der Übergangsregelung
Die Regelung, die Ende 2024 eingeführt wurde, sollte Erwerbsminderungsrentnern einen finanziellen Aufschlag gewähren, ohne dass dieser in die Einkommensprüfung für Witwen‑ und Witwerrenten einfließt. Seit Juli 2024 war der Zuschlag also praktisch ein Bonus „auf dem Papier“, den die Rentenversicherung getrennt auszahlte. Damit konnten Betroffene, die bereits nahe an der Freigrenze von 1.076,86 Euro lagen, ihre Rente voll ausschöpfen, ohne dass die Anrechnung sank.
Die neue Berechnung ab Dezember 2025
Die Deutsche Rentenversicherung teilt mit, dass der Zuschlag ab dem 1. Dezember 2025 nicht mehr getrennt, sondern als Bestandteil der Rente ausgezahlt wird. Das bedeutet:
- Der offizielle Brutto‑Rentensatz steigt um bis zu 7,5 %.
- Gleichzeitig wird das Einkommen für die Anrechnung von Witwen‑ und Witwerrenten erhöht.
- Liegt das Einkommen über der Freigrenze, werden 40 % des übersteigenden Betrags abgezogen.
Ein Beispiel: Eine Witwenrente von 1.050 Euro plus ein Zuschlag von 80 Euro ergibt jetzt ein zu berücksichtigendes Einkommen von 1.130 Euro. Damit übersteigt die Betroffene die Freigrenze um 53,14 Euro, von denen 21,26 Euro (40 %) abgezogen werden – die tatsächliche Auszahlung sinkt also auf rund 1.029 Euro.
Wer ist besonders betroffen?
Die stärksten Schmerzpunkte liegen bei:
- Empfängerinnen und Empfängern von Witwen‑ oder Witwerrenten.
- Erwerbsminderungsrentnern, deren Rentenanspruch zwischen 2001 und 2018 begonnen hat.
- Senioren, die ihre Kontoverbindung nicht rechtzeitig bei der Rentenversicherung hinterlegt haben und daher Gefahr laufen, im Dezember gar nichts zu erhalten.
Wie Dr. Utz Anhalt, Experte für Sozialrecht bei gegen‑hartz.de, in einem Video vom 23. Mai 2025 erklärte, stehen gerade diese Gruppen vor der Gefahr, trotz eines „positiven“ Zuschlags weniger Geld zu bekommen. "Viele Menschen merken erst im Dezember, dass ihr Geld auf dem Papier steigt, aber im Portemonnaie schrumpft", warnt er.
Reaktionen aus Politik und Verwaltung
Das Bundesarbeitsministerium verteidigt die Maßnahme als „systemisch korrekt“ und betont, dass die Integration des Zuschlags in die Einkommensprüfung rechtlich sauber sei. Gleichzeitig haben mehrere Abgeordnete des Bundestags angekündigt, die Folgen genau zu evaluieren. Der Sozialminister, Karl Lauterbach, sagte in einer Pressekonferenz am 12. Juni 2025: "Wir prüfen, ob zusätzliche Ausgleichszahlungen nötig sind, um die Härtefälle zu mildern."
Die Deutsche Rentenversicherung plant, ab Dezember neue Bescheide zu verschicken und rät Betroffenen, diese sorgfältig zu prüfen. Bei Kürzungen sollten Widerspruchsfristen von einem Monat genutzt werden.
Was Betroffene jetzt tun können
Experten geben konkrete Tipps:
- Den aktuellen Rentenbescheid sofort prüfen – besonders das Feld "Brutto‑Rente inkl. Zuschlag".
- Falls das Einkommen über der Freigrenze liegt, prüfen, ob freiwillige Beiträge zur Kranken‑ oder Pflegeversicherung das Nettoeinkommen senken.
- Bei Familien mit waisenrentenberechtigten Kindern den Gesamtfreibetrag erhöhen – jedes Kind rechnet mit einem zusätzlichen Freibetrag von 205 Euro.
- Lastschriften und Daueraufträge bis Ende Dezember verschieben, um mögliche Verzögerungen der Zahlung (spätestens 2. Januar 2026) zu umgehen.
- Im Zweifelsfall sofort Widerspruch einlegen und ggf. einen Rechtsbeistand einschalten.
Die Postbank hat bestätigt, dass die alte Zahlungsanweisung zur Verrechnung (ZzV) zum Jahresende eingestellt wird. Wer bis Ende Dezember keine neue Kontoverbindung angegeben hat, wird zunächst keine Auszahlung erhalten.
Ausblick: Wie geht es weiter?
Der nächste Rentenversicherungsbericht, der im Herbst 2025 erscheint, soll detaillierte Zahlen zu den tatsächlichen Kürzungen liefern. Auch das Bundesarbeitsministerium prüft, ob ein ergänzendes Einmalbudget für besonders betroffene Rentner eingerichtet werden kann. In der Zwischenzeit bleibt die Lage angespannt: Viele Senioren bereiten sich bereits auf mögliche finanzielle Engpässe vor, während Verbände wie der Sozialverband VdK vor einem Anstieg von Leistungskürzungen warnen.
Häufig gestellte Fragen
Wie hoch ist die Freigrenze für Witwen‑ und Witwerrenten?
Ab Juli 2025 liegt die Freigrenze bei 1.076,86 Euro monatlich. Liegt das anrechenbare Einkommen darüber, werden 40 % des übersteigenden Betrags von der Rente abgezogen.
Welche Gruppen sind von der neuen Regelung am stärksten betroffen?
Am stärksten sind Empfänger von Witwen‑ bzw. Witwerrenten, Erwerbsminderungsrentner mit Rentenbeginn zwischen 2001 und 2018 und Senioren, die ihre Kontodaten nicht rechtzeitig aktualisiert haben.
Kann ich durch freiwillige Versicherungsbeiträge meine Rentenkürzung abwenden?
Ja, freiwillige Beiträge zur Kranken‑ oder Pflegeversicherung können das zu versteuernde Nettoeinkommen senken und damit die Anrechnungsgrenze unterschreiten. Eine individuelle Berechnung ist jedoch empfehlenswert.
Was passiert, wenn meine Kontoverbindung bis Ende Dezember nicht aktualisiert ist?
Ohne aktuelle Bankverbindung wird die Rente im Dezember zunächst nicht ausgezahlt. Nachträgliche Zahlung erfolgt erst nach Nachweis und Bearbeitung, was zu Verzögerungen bis Anfang Januar führen kann.
Wie kann ich gegen eine mögliche Kürzung Widerspruch einlegen?
Der Widerspruch muss schriftlich innerhalb eines Monats nach Erhalt des Bescheids eingereicht werden. Es empfiehlt sich, den Bescheid zu kopieren, die strittigen Positionen zu markieren und ggf. rechtliche Beratung hinzuzuziehen.