Auswärtsspiele in Rostock und Cottbus
Als Löwenfan in Berlin hat man es erwartungsgemäß nicht leicht. Gleichgesinnte sind nicht gerade einfach ausfindig zu machen und lassen sich an einer Hand abzählen. Die Mehrzahl unserer Auswärtsspiele ist von Berlin aus mit noch längeren Fahrten und höheren Kosten verbunden als dies von München aus der Fall wäre. So kam es, dass ich die letzten Jahre mehr Partien von Eisern Union als von Sechzig gesehen habe.
Doch mit der Saison 2009/10 hat sich die Situation etwas gebessert: Rostock konnte den Abstieg in der Vorsaison gerade noch vermeiden, aus der 1. Liga kam Cottbus hinzu, und aus der neuformierten 3. Liga die Köpenicker. Drei vielverprechende Auswärtspartien, die allesamt in der Hinrunde angesetzt wurden – dankenswerterweise noch dazu am Wochenende, sodass auf etwas zahlreicheren Support aus der Heimat gehofft werden durfte.
Den Anfang machte gleich am 2. Spieltag Hansa Rostock im August. Die Löwen waren mit 3 Punkten in die Saison gestartet und die Zuversicht war – wie zu Beginn einer jeden Saison – mal wieder groß. Rund 480 Fans machten sich auf den Weg gen Norden, darunter auch die 5 Mann starke Berliner Abordnung. Bei angenehmen Temperaturen besuchten wir auf Empfehlung das Brauhaus Trotzenburg, das mit seinem Biergarten etwas heimatliche Gefühle aufkommen lässt, und wo man als Gästefan freundlich willkommen geheißen wird. Zudem liegt es strategisch günstig in Fußwegentfernung zum einstigen Ostseestadion.
Hansa Rostock – TSV 1860 2:1 (1:1)
DKB-Arena, 19.000 Zuschauer
2. Bundesliga, 15. August 2009
Bereits früh gingen die Hanseaten in Führung, doch die Löwen dominierten zu großen Teilen das Spiel. Benny Lauth gelang demnach auch in der 19. Minute der Ausgleichstreffer. Es wäre durchaus auch ein Sieg drin gewesen, doch musste man 11 Minuten vor Ende der Partie das 1:2 hinnehmen, womit die Sache dann auch erledigt war. Gut gespielt und trotzdem verloren. Aber noch war die Saison jung, und die dargebotene Leistung ließ uns zuversichtlich dreinschauen. Den ausführlichen Spielbericht gibt’s hier.
Statt Blocksperre nach dem Spiel hatte sich die Rostocker Polizei mal etwas etwas anderes ausgedacht: Wir pferchen einfach alle Sechzger, die zum Bahnhof wollen, bei sengender Hitze für eine dreiviertel Stunde in einen Linienbus und lassen sie ein bisschen schmoren. Nach einer gefühlten Ewigkeit endlich am Bahnhof angekommen, blieb selbiger für uns zunächst einmal verschlossen. Aus Sicherheitsgründen. Mittlerweile gut 2 Stunden nach Abpfiff gelang es uns dann in letzter Sekunde den Regionalzug nach Berlin zu besteigen, was aufgrund der Absperrungen der Anti-Terror-Einheiten eine wahre Meisterleistung war. Mit den heimreisenden Hansa-Fans aus der mecklenburgischen Provinz bzw. Hauptstadt wurden dann ein paar Bierchen gezischt und dumme Sprüche gewechselt. Geht doch auch so.
Drei Monate im November später fanden sich die Löwen nur knapp über den Abstiegsplätzen wieder, was aber auch nur daran lag, dass es tatsächlich noch schlechtere Mannschaften in dieser Liga gibt. Nur die ganz hart Gesottenen machten sich daher auf den langen Weg in die Lausitz. Rund 270 sollen es gewesen sein. Für unsere Truppe aus Berlin waren die 1 Stunde 40 Minuten im Regionalzug hingegen ein Katzensprung. Mit Ausnahme des Bahnhofkiosks gab es zwischen Ankunft und Stadion der Freundschaft keine weiteren Vergnügungsmöglichkeiten, sodass wir uns früher als sonst in den Stadionbereich begaben und uns an Vetschauer Wurstwaren labten. Glücklicherweise handelte es sich um eine der inzwischen rar gewordenen nicht als “Risikospiel” eingestuften Partien im Osten, sodass es zu unserer Freude auch kein Bierverbot gab.
Energie Cottbus – TSV 1860 1:0 (0:0)
Stadion der Freundschaft, 10.900 Zuschauer
2. Bundesliga, 8. November 2009
Das Spiel selbst passte sich dem nasskalten Novemberwetter ideal an: Eine langweilige Partie zweier schlechter Mannschaften, bei der keine ein Tor verdient hätte. Dass der Siegtreffer für die Cottbuser dann auch noch ausgerechnet durch einen Elfmeter fiel, war daher auch bezeichnend. Schwamm drüber. Mit einer derartigen Leistung sollte jetzt auch dem Letzten klar geworden sein, dass es diese Sasion einzig allein um den Klassenerhalt gehen wird.
Zu erwähnen bleibt nur noch das merkwürdige Gebahren der Cottbuser Ordnungskräfte. Ohne erkennbaren Grund formierten sich diese nach Ende des Spiels am Ausgang des Gästeblocks zu einem engen Spalier, durch das die Löwenfans getrieben wurden. Dass es dabei zwangsläufig zu Gedränge und Rempeleien kommen würde, durfte wohl dem Dümmsten klar gewesen sein. Offensichtlich handelte sich dabei um eine gleichwohl unnötige wie auch bewusst provozierende Maßnahme, um “zugreifen” zu können. Als einer der Ersten konnte ich den Gefahrenbereich verlassen und schoss einige Fotos von den Vorkommnissen – nicht zuletzt nachdem ich beobachtete, wie einige Fans ohne erkennbaren Grund herausgegriffen und abgeführt wurden. Plötzlich wurde ich von einem der Typen mit Thor-Steinar-Jacke unter dem gelben Ordnerleibchen zur Seite gedrängt, der sogleich seinen Arm um mich legte und zum Schwitzkasten ansetzte. “Speicherkarte löschen – oder ich führ dich ab!” lautete seine eindeutige Anweisung. Trotz der offensichtlichen Bedrohung widersprach ich aufs Heftigste – seit wann gibt es denn hier ein Fotografierverbot? – wurde aber letztendlich unter Aufsicht dazu gedrängt, sämtliche Bilder zu löschen, auf denen Ordner zu erkennen waren (also die letzen 4-5 geschossenen). Die Jungs werden schon wissen, warum sie unerkannt bleiben möchten.