Dresden – Praha – Teplice

Nach der Rückkehr aus Helsinki bzw. Tallinn und nicht einmal vier Stunden Schlaf ging es am Samstagmorgen auf in Richtung Dresden. Kai Havaii von den Unionern hatte ein Auto und Gästekarten für die Partie bei Dynamo klargemacht. Da konnte ich natürlich nicht Nein sagen. Außerdem kündigte sich ein sonniger Spätsommertag an.

Vor der Partie blieb noch Zeit für eine Besichtigung der wirklich imposanten Altstadt Dresdens samt der wiederaufgebauten Frauenkirche. Seit meinem letzten Besuch im Juni 1990, als Dynamo vorletzter DDR-Oberligameister wurde, hatte sich freilich viel verändert. Auch das Rudolf-Harbig-Stadion war kaum noch wiederzuerkennen. Schließlich baut Dynamo gerade ein neues Stadion, und nur noch der Gästeblock und die alte Anzeigetafel sind als Zeugnisse der Vergangenheit geblieben. Der Rest ist eine riesige Baustelle.

Das Spiel war dennoch mit über 10.000 Zuschauern ausverkauft, darunter rund 1300 Gäste aus Berlin, die sich bei den Sachsen mit Sprechchören der Kategorie “Wir sind eure Hauptstadt, ihr Bauern” oder “Es kommt die Zeit, in der das Wasser wieder steigt” versuchten, sich unbeliebt zu machen. In einer zerfahrenen Partie glückte den Eisernen schließlich in der 89. Minute der Siegtreffer. Nach der Partie trafen wir uns noch mit ein paar Bekannten aus Berlin und Dresden zum Abendessen, bevor wir zu zweit die Weiterreise nach Prag antraten.

Unser Ziel war der Stadtteil Žižkov, vor zehn Jahren noch ein trister Arbeiterbezirk, der sich mittlerweile zum Prenzlauer Berg von Prag gemausert hatte. Der dort beheimatete FK Viktoria trat am Sonntagmorgen bereits um 10.15 Uhr gegen die falschen Bohemians Praha an, die eigentlich FC Střížkov Praha 9 heißen und unter falscher Flagge antreten. Der eigentliche Prager Traditionsverein Bohemians ging 2005 Konkurs und verkaufte die Namens- und Logorechte. Mittlerweile haben sich die echten Bohemians neu formiert und treten in dieser Saison als Bohemians 1905 in der 2. Liga an.

Die falschen Bohemians sind ein Verein ohne Fans und ohne eigenes Stadion (die Heimspiele werden im Viktoria-Stadion ausgetragen). Ein trauriges Kuriosum des tschechischen Fußballs. Viktoria Žižkov hingegen ist ein kleiner, aber etablierter Verein, mit vorwiegend Anhängern aus der Nachbarschaft. Das Stadion liegt mitten in der Stadt und es herrscht eine familiäre Atmosphäre.

Nachdem die Gastgeber die erste Halbzeit klar dominierten und 2:0 in Führung gingen, verschliefen sie den Beginn der zweiten Hälfte und mussten nach einem Doppelschlag den Ausgleich hinnehmen. Bald gewann man aber wieder Oberwasser und entschied die Partie mit 4:2 für sich.

Dank des frühen Anstoßes in Prag konnten wir auf dem Rückweg noch die Begegnung um 17 Uhr zwischen FK Teplice und Baník Ostrava mitnehmen. Das Ticket (freie Platzwahl) schlägt mit rund 3,50 Euro zu Buche, Bratwurst und Bier sind zusammen für weniger als 2 Euro zu haben. So macht das Groundhopping Spaß! Die Stadt nahe der deutschen Grenze wartet mit einem imposanten Stadion auf, das für die relativ kleine Fanszene zugegebenermaßen viel zu groß ist. Die zahlreich (und weit) angereisten Ostrauer machten gut Stimmung, während die Teplitzer nur durch eine Rauchbombe, ein paar Knallkörper und dem Hissen eines Dynamo-Dresden-Banners(!) auf sich aufmerksam machten, was von den Gästen wiederum mit “Scheiße Dynamo” quittiert wurde. Handelte es sich hier am Ende um einen Stellvertreterkrieg?!

Die Partie gestaltete sich ausgeglichen, wurde aber erst in der zweiten Hälfte einigermaßen spannend. Der Mangel an Torchancen resultierte schließlich in einem 1:0-Heimsieg. Nachdem wir uns aus dem Parkplatz am Stadion quälten, ging es nach einem erlebnisreichen Wochenende auf die Heimfahrt nach Berlin.

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