Flandern-Rundfahrt

Anfang des Jahres hatte ich schon mal einen Kurzbesuch in Belgien geplant, der dann aber witterungsbedingt zu Flugstreichungen und Spielabsagen führte. Auf ein Neues, also!

Die EFW-Kollegen aus Antwerpen waren mehr als gute Gastgeber und waren sehr um mein Wohlergehen bemüht. Neben Chauffeurdiensten und Stadtführungen standen freilich auch belgisches Bier und Stadionbesuche auf dem Programm.

Bereits kurz nach acht Uhr morgens bin ich in Brüssel gelandet, wo mich auch schon Patrick erwartete, der auf dem Weg nach Antwerpen die nötigen Zwischenstopps zum Sightseeing einlegte: das Oscar-Vankesbeek-Stadion von Racing Mechelen, das Veolia-Stadion von KV Mechelen sowie das Ludo Coeck von KBS Berchem und De Bosuil von Royal Antwerp, wo wir ja am Abend ohnehin nochmal vorbeischauen wollten.

Nach einem kurzen Aufenthalt in Antwerpen, wo wir Steven und Frank an Bord nahmen, ging’s erstmal über die Grenze in einen Rotterdamer Vorort namens Barendrecht. Was eigentlich eine Flandern-Rundfahrt werden sollte, begann also in Holland. Grund dafür ist, dass es in Belgien keine Samstagnachmittagsspiele gibt. Klingt komisch, ist aber so. Und irgendwie mussten wir die Zeit ja totschlagen.

BVV Barendrecht – ASV Apeldoorn 0:0
Sportpark De Bongerd, 400 Zuschauer
Zaterdag Topklasse (3. Liga, Niederlande), 2. Oktober 2010

Der BVV machte vor 2 Jahren auf sich aufmerksam als er in einem Saisonvorbereitungsspiel Feyenoord mit 2:1 nach Hause schickte. Auch heute dominierten sie die Partie über lange Strecken und brachen erst ein, als einer der ihren vom Platz geschickt wurde. Die Gäste waren aber zu harmlos, um daraus Kapital schlagen zu können, was ein torloses Unentschieden zur Folge hatte. Es waren so um die 400 Besucher anwesend, auch wenn die offizielle Zuschauerzahl mit 1000(!) bekanntgegeben wurde.

Royal Antwerp FC – RAEC Bergen (Mons) 1:2
De Bosuil, 9000 Zuschauer
Exqi League (2. Liga, Belgien), 2. Oktober 2010

Rechtzeitig zurück in Antwerpen, um in der Fankneipe “Ten Eeckhove” noch ein paar Stamperl Bier zu zischen (Standardeinheit 0,25l). Ausgelassene Stimmung und angeregte Gespräche unter Leuten vom Fach. Da kann man schon mal die Zeit vergessen. Ins Stadion schafften wir es dennoch pünktlich. Pat hatte freundlicherweise Freikarten organisiert, und so stand einem sorgenfreien Abend nichts mehr im Wege. Wäre es da nicht zu einer unerwarteten Heimniederlage gekommen.

Ich war äußerst beeindruckt vom Stadion und der Atmosphäre: Das Gesamterlebnis war für mich fast wie eine Zeitreise in die Achtziger Jahre. Phänomenal! So, und damit habe ich jetzt auch einen belgischen Lieblingsverein.

Club Brugge – KAA Gent 3:2
Jan-Breydel-Stadion, 24047 Zuschauer
Jupiler League (1. Liga, Belgien), 3. Oktober 2010

Am Sonntag stand dann ein Ausflug nach Brügge auf dem Programm. Ein Bekannter, der aus verständlichen Gründen nicht genannt werden möchte, hatte rechtzeitig im Vorverkauf die Tickets für dieses brisante Regionalderby besorgt und begleitete mich auch dorthin. Im Gegensatz zum verregneten Vortag erwartet uns Sonnenschein bei 23 Grad. Sehr angenehm, um vor dem Spielbesuch noch ein wenig in der Altstadt von Brügge herumzulungern.

Auch das Jan-Breydel-Stadion gefiel mir gut, welches sich die beiden Brügger Vereine übrigens teilen. Wir waren auf der Cercle-Seite hinterm Tor untergebracht, gleich neben dem angrenzenden Gästeblock. Das Spiel selbst war eines der besseren, die ich in letzter Zeit gesehen habe. Ein offener Schlagabtausch, rasant geführt. Zunächst dominierten die Gastgeber, die auch 3:1 in Führung gingen. Per Elfmeter hätten diese auch erhöhen können, setzten jenen aber gegen den Pfosten und kassierten Minuten später im Gegenzug den 3:2-Anschlusstreffer. Es entwickelte sich eine dramatische Schlussviertelstunde mit Chancen auf beiden Seiten. Beim Heimsieg blieb es dann aber. Eine klasse Partie.

Nach zwei ereignisreichen Tagen ließen wir den Sonntagabend ganz gemütlich ausklingen, bevor ich am Montagmorgen die Heimreise antrat.

Nach Belgien komme ich gerne wieder!

Fußball in Berlin und Umgebung

Als ich zu Saisonbeginn das Sonderheft der Fußball-Woche in den Händen hielt, wurde mir mal wieder klar, dass ich nicht immer gleich in die Ferne schweifen muss, um mir ein Spiel anzuschauen. Immerhin tummeln sich alleine in den Berliner Amateurligen rund 400 Vereine. Muss man natürlich nicht alle gesehen haben, aber neben den allseits bekannten Zweitligavertretern der Hauptstadt gibt es da sicherlich noch ein paar Schmankerl zu entdecken.

SV Babelsberg 03 – Hansa Rostock 0:2
Karl-Liebknecht-Stadion, 7045 Zuschauer
3. Liga, 11. September 2010

Zum einen gibt’s da gleich vor den Toren der Stadt das Karl-Liebknecht-Stadion des SV Babelsberg 03, das mir von einem früheren Besuch bereits bekannt war. Da aber mit dem Drittliga-Neuling Hansa Rostock ein attraktiver Gegner zu Gast war, machte ich mich mal wieder auf in Richtung Potsdam.

Da die eine Hintertortribüne gerade modernisiert wird, war das Kartenkontingent etwas eingeschränkt. Mit 2500 im Gästeblock sorgten die Hanseaten allerdings für einen ziemlichen Geräuschpegel. Die Besucher von der Ostsee fuhren dann auch einen verdienten 2:0-Auswärtssieg ein.

Club Italia Berlino – Sportfreunde Johannisthal 0:0
Sportplatz Westend/Spandauer Damm, ca. 80 Zuschauer
Landesliga Berlin Staffel 1, 19. September 2010

Eine Woche später begab ich mich ins Westend, da ich auf den Club Italia Berlino aufmerksam wurde: Der Grund? Deren unglaubliches Angebot einer kostenlosen Dauerkarte, dazu ein Fan-T-Shirts und gratis Pizza und Pasta bei allen Heimspielen. Mit ein paar finanzkräftigen Sponsoren wie Fiat und Berliner Pilsner im Rücken, stellt dieser Verein den wohl mit Abstand höchsten Etat der siebthöchsten Spielklasse. Da kann man ruhig mit solchen Aktionen ein paar neue Interessenten werben.

Der Rasenplatz war aufgrund des Einbaus einer Bewässerungsanlage gesperrt, sodass leider nebenan auf dem Kunstrasenplatz gespielt werden musste, was den Akteuren wohl nicht so lag. Fazit: Netter Empfang, leckere Pizza und ein höhepunktfreies Spiel ohne Tore. Die vorbestellte Dauerkarte war leider noch nicht gedruckt. Der Eintritt war trotzdem frei.

Lichterfelder FC – Union Berlin II 1:2
Stadion Lichterfelde, 128 Zuschauer
Oberliga NOFV-Nord, 25. September 2010

Aufgrund des ungemütlichen Regenwetters blieben heute wohl viele lieber zuhause, so auch die Fans von “Union Zwee”. Nur ein paar Unentwegte fanden den Weg in den Südwesten der Stadt. Den Daheimgebliebenen entging eine mitreißende Partie, in der die Hausherren zunächst in Führung gingen, die Köpenicker aber letztlich das Spiel drehten. Auch sonst ist das Lichterfelder Stadion mit seiner imposanten Tribüne durchaus einen Besuch wert.

IGHC 2010 Prag

Ende August trafen sich Delegationen aus fünf Ländern für drei Tage zum International Groundhopping Congress (IGHC) in Prag. Organisiert wurde das Treffen von den Machern von myfootballway.com, einer Seite, die in polnischer Sprache umfassend über die fußballerischen Geschehnisse in Tschechien informiert. Unterstützung fand das Projekt von der führenden polnischen Groundhopping-Site kartofliska.pl (Kartoffelacker).

Die Teilnehmer aus Tschechien, Ungarn, Polen, Schottland und Deutschland erwartete ein geballtes Programm an Diskussionsrunden, Ortsterminen im böhmischen Umland, Stadionbesuchen sowie der Verköstigung lokaler Spezialitäten. Drei Tage, die alle teilnehmenden Kongressgesandten vollends zufrieden als Erfolg bezeichnen konnten.

Slavia Praha – Sigma Olomouc 1:1
27.08.2010, 17:30
1. Liga
Stadion Eden (Synot Tip Aréna), 5794 Zuschauer

Bohemians 1905 “B” – FK Litol 5:0
28.08.2010, 10:15
4. Liga Divison A
Stadion Ďolíček, 1135 Zuschauer

Český Lev Union Beroun – Sokol Libiš 1:0
28.08.2010, 17:00
5. Liga Středočeský kraj (Central Bohemia)
Stadion Na Ostrově, ca.100 Zuschauer

Viktoria Žižkov – Dukla Praha 2:1
29.08.2010, 10:15
2. Liga
Stadion Viktoria, 2235 Zuschauer

FK Ústí nad Labem – Bohemians 1905 1:0
29.08.2010, 15:00
1. Liga
Stadion Na Stínadlech (Teplice), 2558 Zuschauer

Nachtrag: Saisonende 2009/10

Eintracht Braunschweig – Dynamo Dresden 0:1
3. Liga, 30. Spieltag, 27. März 2010
Stadion an der Hamburger Straße, 14.570 Zuschauer

Der BTSV verspielt die letzten theoretischen Chancen auf den Wiederaufstieg in die 2. Liga.

1.FC Magdeburg – Hallescher FC 0:1
Regionalliga Nord, 26. Spieltag, 28. März 2010
MDCC-Arena, 11.234 Zuschauer

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen müssen sich die Hausherren im anhaltinischen Derby geschlagen geben.

Fortuna Düsseldorf – TSV 1860 2:0
2. Bundesliga, 31. Spieltag, 18. April 2010
Esprit-Arena, 26.500 Zuschauer

Bei sommerlichen Temperaturen kommen die Löwen auch am Rhein wieder einmal unter die Räder.

FC Augsburg – TSV 1860 1:0
2. Bundesliga, 33. Spieltag, 2. Mai 2010
Impuls-Arena, 30.660 Zuschauer (ausverkauft)

Leider können die Löwen den Datschis den Relegationsplatz nicht mehr streitig machen. Für deren Aufstieg reicht’s trotzdem nicht :-)

FK Austria Wien – SK Rapid Wien 1:0
Österreichische Bundesliga, 34. Spieltag, 5. Mai 2009
Franz-Horr-Stadion, 12.369 Zuschauer (ausverkauft)

Durch den Sieg wahrt sich die Austria die Chance auf die Meisterschaft, die letztlich aber an Salzburg geht.

TSV 1860 II – Karlsruher SC II 3:2
Regionalliga Süd, 30. Spieltag, 7. Mai 2010
Grünwalder Stadion, 1357 Zuschauer

Die Löwen-Amas drehen einen 0:2-Halbzeitrückstand.

Wacker Burghausen – VfL Osnabrück 0:1
3. Liga, 38. Spieltag, 8. Mai 2010
Wacker-Arena, 4700 Zuschauer

Osnabrück reist 700 km nach Südostbayern, wird Drittligameister und steigt in die 2. Liga auf.

TSV 1860 – Union Berlin 2:0
2. Bundesliga, 34. Spieltag, 9. Mai 2010
Arroganz-Arena, 26.000 Zuschauer

Versöhnlicher Saisonabschluß für Sechzig mit rund 5000 Gästen aus Köpenick.

Ein Samstag in Warschau

Ende Juli ist spielplanmäßig nicht gerade die beste Zeit für einen Kurzbesuch in Warschau: Die Saison hat noch nicht begonnen, und viele Teams befinden sich fernab in Trainingslagern. Dank der Unterstützung durch die führende Groundhopping-Site Polens kam ich dennoch in den Genuß zweier Partien an einem Tag.

24.07.2010
Znicz Pruszków – Hutnik Warszawa 3:0
Freundschaftsspiel
Stadion MZOS, Zuschauer: ~30

24.07.2010
Start Otwock – Okocimski Brzesko 1:0
Puchar Polski (Polnischer Pokal, Qualifikationsrunde)
Stadion Tadeusza Slusarkiego, Zuschauer: 300

Toronto FC

Vor kurzem wurde mir erneut die Ehre zuteil, als Gastschreiber für European Football Weekends einen Beitrag leisten zu dürfen. Dort berichte ich über den Besuch der Partie Toronto FC – Chivas USA in der nordamerikanischen Major League Soccer.

Für den vollständigen Bericht einfach aufs Bild klicken.

Eine Zusammnfassung des Spiels ist hier zu finden.

Hit the North!

Ostern 2010 in England:
10 Spiele in 10 Tagen – von der 1. bis zur 8. Liga

Ähnlich wie an Weihnachten herum, finden auf der Insel auch in der Osterwoche fast täglich Spiele statt. Beim Durchforstern der Spielpläne und dem Zusammenstellen meiner kleinen Rundreise durch den Norden Englands bemerkte ich, dass ich in insgesamt zehn Tagen nicht nur in den Genuss von zehn neuen Grounds käme, sondern sogleich die obersten acht (8!) Ligen der englischen Ligapyramide abarbeiten könnte – von der Premier League bis hinab in die Unibond First Division North. Plötzlich war es wieder da, dieses Fieber… Doch halt, aus der englischen Presse entnahm ich, dass ein Eisenbahnerstreik bevorstand. Meine Vorfreude paarte sich nun mit Ungewissheit und der Suche nach alternativen Reisemöglichkeiten. Vor allem die zweite Hälfte meines Reiseplans war nun in Gefahr, denn die ersten Tage würde ich ohnehin mit meinen Gastgebern, den Kenners aus Barnsley, im Auto unterwegs sein. Letztendlich wurde der Streik in letzter Minute gerichtlich untersagt, sodass meinem ambitionierten Plan nichts mehr im Wege stand. Und von isländischen Vulkanen, deren Aktivität sich auf den europäischen Flugbetrieb auswirken kann, war Anfang April auch noch nicht zu denken.

Spiel 1
Freitag, 2. April 2010
Morecambe FC 4, Crewe Alexandra 3
Christie Park, 2.347 Zuschauer, League Two (4th)

Am Gründonnerstag spät abends nach Liverpool eingeflogen, stand für mich gleich am Nachmittag des Karfreitags ein Ausflug nach Morecambe auf dem Programm, 60 Meilen in nördlicher Richtung an der irischen See gelegen. Dort gegen Mittag eingetroffen, erreichte mich schon eine SMS von Graham, der sich zeitgleich am vereinbarten Treffpunkt einfand und sich eben auf der anderen Straßenseite in Sichtweite befand. Perfektes Timing! Zusammen mit Matthew, dem Dritten im Bunde, machten wir zunächst einen kurzen Abstecher zur Promenade und stärkten uns mit einer ordentlichen Portion Fish & Chips, bevor wir uns Richtung Stadion aufmachten.

Morecambe spielt heuer die letzte Saison im Christie Park: Also letzte Möglichkeit für einen Besuch, bevor Sainsbury’s auf dem Gelände einen Supermarkt hinstellt. Traurig, aber wahr! Was uns überraschte war auch die Tatsache, dass sich in unmittelbarer Umgebung des Stadions kein Pub befand – sehr ungewöhnlich für England (mal von den Mega-Arenen abgesehen, die auch dortzulande am Stadtrand sprießen). Im örtlichen Snooker Club, einem heruntergekommenen Billardsalon mit kleiner Bar, wurden wir dann aber doch noch fündig. Als ich mir mein Guinness bestellte und die Dame hinter der Bar eine Dose aus dem Kühlschrank holte, hatte sie diese auch schon geöffnet bevor ich auch nur einen Ton hervorbringen konnte, der meiner Ablehnung Ausdruck verleihen hätte können. Ich hatte meinen Mund noch nicht geschlossen, als ich unvermittelt Zeuge der allerneusten Technologie in Sachen Brau- und Zapfkunst wurde: dem Guinness Surger (Videodemo ab 1:53). Schmeckt übrigens einwandfrei.

Wir waren immer noch verblüfft ob der technischen Errungenschaften, von denen wir ausgerechnet hier im ländlichen Norden der Grafschaft Lancashire erfahren durften, als wir Christie Park erreichten. Und dort lüfteten wir schon das nächste Rätsel: Tribünen englischer Stadien sind üblicherweise nach verdienten Spielern oder Managern vergangener Jahre oder in letzter Zeit immer häufiger nach den gerade aktuellen Sponsoren benannt. In Morecambe gibt es aber einen “Carwash Stand”. Klingt komisch, ist aber so. Und das liegt alleine daran, dass sich auf der Straßenseite jener Tribüne eine Autowaschanlage befindet. Man kann also seinen Wagen vor dem Besuch des Spiels abgeben und bekommt ihn danach strahlend sauber wieder…

Mit einem Sieg hätten die Hausherren noch gute Chancen auf einen Platz in den Play-Offs, mit dem ein Aufstieg in die League One (dritthöchste Spielklasse) möglich wäre. Doch danach sah es lange Zeit nicht aus. Die Gäste von Crewe Alexandra dominierten die Partie, Morecambe musste einen Platzverweis hinnehmen, und nach 85 Minuten stand es noch 3:1 für die Gäste. Dass diese zuvor noch einen Elfmeter verschossen hatten, sollte sich allerdings rächen. Denn fünf Minuten vor Schluss gelang der Anschlusstreffer, in der 90. Minute dann der Ausgleich, und in der Nachspielzeit gab’s noch eine Ecke für Morecambe: Endstand 4:3.

Sieben Tore im ersten Spiel – so könnte es meinetwegen gerne weitergehen. Ein gelungener Einstand für meine Ostertour durch Nordengland! Unmittelbar nach Spielschluss machten wir uns in südlicher Richtung auf den Weg nach Merseyside, durch den Birkenhead-Tunnel zum Prenton Park: Heimat der Tranmere Rovers.

Spiel 2
Freitag, 2. April 2010
Tranmere Rovers 3, Norwich City 1
Prenton Park, 6.263 Zuschauer, League One (3rd)

Den ersten Tag gleich mit zwei Spielen zu starten war natürlich ganz nach unserem Geschmack. Im Prenton Park Pub (gleich neben dem Stadion) herrschte eine angenehme Atmosphäre, und auch die zahlreichen Besucher aus East Anglia waren dort willkommen. Dort trafen wir uns dann auch mit unserem Kumpel und Rovers-Fan Iain, der uns ermäßigte Tickets zum halben Preis besorgt hatte (£10 statt £20). An dieser Stelle nochmals vielen Dank dafür!

Die Ausgangslage für die Partie war recht klar: Tranmere brauchte jeden Punkt im Abstiegskampf, während die Canaries als Tabellenführer vom Aufstieg träumten. Nach nur zehn Minuten waren die Gastgeber durch zwei Elfmeter 2:0 in Führung gegangen und ließen sich das Heft auch nicht mehr aus der Hand nehmen. Ebenso souverän wie auch überraschend fuhren die Rovers einen 3:1-Sieg ein. Durchs Stadion hallte ein euphorisches “Staying up, staying up!”, das von den Fans aus Norwich mit “Going up, going up!” quittiert wurde. Typisch englischer Zwiegesang. So waren am Ende alle irgendwie zufrieden.

Nach einem langen und erlebnisreichen Tag bezog ich mein Quartier in der Nähe von Barnsley, was für die nächsten Tage mein Basislager sein sollte.

Spiel 3
Samstag, 3. April 2010
Leeds United 0, Swindon Town 3
Elland Road, 27.881 Zuschauer, League One (3rd)

Tags darauf erwartete mich bei meiner Gastfamilie ein hervorragendes Full English Breakfast, sonniges Wetter und ein Tagesausflug nach Leeds an die Elland Road. Vor Ort trafen wir Stephen von den Scarborough Whites, einem Leeds-Fanclub aus dem Nordwesten Yorkshires. Dass Leeds als Traditionsverein in der Dritten Liga kickt, schmeckt hier natürlich keinem. Vor exakt zehn Jahren erreichte man noch das Halbfinale der Champions League (nachdem in der Qualifikation die Münchner Löwen knapp mit 2:1 und 1:0 besiegt wurden). Und exakt bei jenem tragischen Halbfinal-Hinspiel bei Galatasaray wurden zwei Leeds-Anhänger erstochen, deren man vor dem Spiel im Rahmen einer Schweigeminute und einer Kranzniederlegung hinter dem Tor gedachte.

Sportlich soll es natürlich wieder aufwärts gehen, und als momentan Tabellenzweiter hat man gute Chancen auf den direkten Wiederaufstieg. Mit dem Dritten Swindon Town zu Gast, stand quasi ein Sechs-Punkte-Spiel an. Eine desolate Leistung vor imposanter Kulisse endete in einer 0:3-Heimniederlage. Die Aufstiegseuphorie war erst einmal dahin. [Letztlich aber erkämpfte sich Leeds in den verbleibenden Spielen doch noch einen Startplatz in der nächsten Championship-Saison.]

Spiel 4
Montag, 5. April 2010
Barnsley FC 2, Peterborough 2
Oakwell, 11.290 Zuschauer, Championship (2nd)

Zwei Spiele an einem Montag? Na, wenn sich diese seltene Gelegenheit schon mal ergibt, sollte man sie auch wahrnehmen. Für die Nachmittagspartie am Ostermontag um 15 Uhr gab es zahlreiche Optionen, doch da Barnsley zuhause antrat, stattete ich selbstverständlich meinem vorübergehenden Heimatverein einen Besuch ab. Graham, der vor Ort sehr im Schulsport engagiert ist und auch gute Kontakte zu den Clubs in der Gegend hat, besorgte uns zwei Freikarten für den East Stand. Den obligatorischen Pub-Besuch vor der Partie ließen wir diesmal ausfallen: Das üppige Ostermahl vom Vortag – einschließlich Bierprobe und Portwein – hielt noch an, sodass selbst am frühen Nachmittag noch nicht an Frühstück zu denken war. Oakwell war nur gut zur Hälfte gefüllt. Gegen Ende der Saison ging’s um nicht viel mehr als um eben diese anständig zu Ende zu bringen. Die Gäste aus East Anglia hingegen hätten sich bei einem Auswärtsdreier zumindest noch theoretische Hoffnungen auf den Klassenerhalt machen können. Peterborough ging sogar zweimal in Führung, kassierte aber aber beide Male im Gegenzug den Ausgleich. Bei wolkigem Wetter mit sonnigen Abschnitten ein insgesamt angenehmer Nachmittag ohne große Aufregung.

Unmittelbar nach Schlusspfiff begaben wir uns auf kurze Reise durch den Peak District ins 30 Meilen entfernte Hyde.

Spiel 5
Montag, 5. April 2010
Hyde United 1, Harrogate Town 0
Ewen Fields, 356 Zuschauer, Conference North (6th)

Hyde United spielt in der Conference North, der zweithöchsten Amateurliga Englands, zugleich die von oben erste Spielklasse, die in Nord und Süd geteilt ist (in den fünf darüber angesiedelten Ligen wird landesweit gespielt). Zeitig angekommen, parken wir den Wagen direkt am Ground und machen uns zu Fuß auf, um uns im nächstegelegenen Pub zu stärken. Nicht viel los in Hyde an diesem Feiertag, aber nach wenigen Minuten werden wir fündig. Ein traditioneller Pub mit einigen lokalen Ales und Porter im Angebot. Zunächst fällt mir hier in Lancashire der ziemlich andere Dialekt auf, der diesseits der Berge nur etwa 50 Kilometer westlich von Yorkshire gesprochen wird. Etwas überraschender nahmen wir die kubanisch inspirierte Speisekarte zur Kenntnis, und als uns kurz nach Aufgabe unserer Bestellung die karibisch anmutende Köchin fragte “You like little spicy?” waren wir hier in der nordenglischen Provinz wieder einmal etwas verwirrt. Wir antworteten einvernehmlich mit “Ja!” und der kurz darauf servierte Rindfleisch-Bohnen-Eintopf mundete vorzüglich. Die Auflösung finden wir anhand eines ungünstig auf dem Weg zur Toilette platzierten DIN-A4-Ausdrucks, der diesen Pub als Little Havanna von Hyde anpreist.

Ewen Fields, die Spielstätte von Hyde United, wartet mit insgesamt 5 Tribünen auf. Neben der besitzplatzten Haupttribüne (£1 Aufschlag) eine kleinere Stehhalle, wo sich der singende Heimsupport eingerichtet hat. Auf der Gegenseite eine typische Non-League-Stehplatztribüne, wo sich die Gäste versammelten, während man hinter den Toren auch die den dreistufigen Stehbereich überdacht hat – nur für den Fall, dass mal mehr kommen und es regnen sollte.

Spiel 6
Dienstag, 6. April 2010
Huddersfield Town 2, Oldham Athletic 0
Galpharm Stadium, 14.561 Zuschauer, League One (3rd)

Für die Partie am Dienstag hieß es einmal mehr “Eintritt frei”, da Graham zwei Dauerkarten eines befreundeten Fans ausleihen konnte, der sich den Luxus gönnt, nicht jedes Spiel besuchen zu müssen. Nach kurzer Fahrt von Barnsley nach Huddersfield erreichten wir ein erneut nach einem Sponsor benanntes Stadion, das aber durch seine Architektur (gebogene Tribünendächer) erfreulicherweise kein 08/15-Stadionneubau ist, sondern etwas Einzigartiges hat. Das Spiel an sich war ziemlich grottig. Das 2:0 für Huddersfield Town – in den 1920er Jahren dreimal in Folge englischer Meister – täuscht und spiegelt keineswegs den Spielverlauf wieder, da die Gäste aus Oldham – die auch nicht gerade brillierten – dem Sieg lange Zeit näher gewesen waren.

Spiel 7
Mittwoch, 7. April 2010
FC United of Manchester 1, Kendal Town 4
Gigg Lane (Bury), 1585 Zuschauer, Unibond Premier Divison (7th)

Tags darauf verabschiedete ich mich von den Kenners und fuhr mit dem Zug nach Manchester. Der FC United of Manchester hatte Kendal Town zu Gast. Der Verein ging aus einer Faninitiative von MUFC-Anhängern hervor, die sich gegen die Vereinspolitik, die Übernahme durch amerikanische Investoren und den modernen Fußball im Allgemeinen stellten. Dummerweise gastierte zeitgleich ein Verein aus München-Harlaching im Champions League-Viertelfinale in Old Trafford, was zur Folge hatte, dass sich die etwa 4000 Mitgereisten in der Innenstadt breit machten. Ein weiterer Grund für mich Reißaus zu nehmen und frühzeitig mit der Tram nach Bury im Norden der Stadt zu fahren. An der Gigg Lane trägt der FCUM nämlich bis auf weiteres seine Heimspiele aus. Ein sonniger Nachmittag erwartete mich in der Kleinstadt vor den Toren der Metropole. Und ebenso das Real Ale Festival. Nach einer kurzweiligen Bierprobe mit ein paar Einheimischen (das Pint zu £1,70) stand dann ja noch ein Spielbesuch an.

Im Clubhouse passte ich die Offiziellen der Gastmannschaft ab, um eine weitere Anstecknadel für meine Sammlung zu ergattern. Wie ich aber erfahren musste, war der Mann mit den Pins leider nicht mitgekommen, was aber darin resultierte, dass ich jetzt im Besitz der Nadel bin, die Minuten zuvor noch am Revers des Vereinspräsidenten haftete. Im Stadion war nur eine Tribüne geöffnet, Banner und Flaggen waren aber ringsum angebracht. Und mehr als 1500 Zuschauer bei einem Spiel der 7. Liga, während ein paar Meilen südlich der Stammverein um den Einzug ins Halbfinale der Schwammerlliga kämpft, fand ich durchaus bemerkenswert. Ebenso die sangesstarke Unterstützung. Und die Halbzeitmusik (Madness, The Jam u. dgl.). Irgendwie Achtziger-Jahre-Stimmung. Sportlich war an diesem Abend aber leider nichts zu holen. Der FCUM musste sich 1:4 geschlagen geben, während MUFC zwar gewann, aber aufgrund der Auswärtstorregel gegenüber den anderen Roten den kürzeren zog.

Spiel 8
Donnerstag, 8. April 2010
Barrow AFC 1, Kidderminster Harriers 0
Holker Street, 1253 Zuschauer, Conference (5th)

Froh, der roten Invasion von Manchester entkommen zu sein, fuhr ich am Donnerstagmorgen mit dem Zug die Küste entlang nach Norden, genauer gesagt nach Cumbria, wo ich mich für zwei Nächte in der örtlichen Travelodge von Barrow einquartierte. Barrow hatte gerade das FA Trophy Final in Wembley erreicht, einem eigens unter Amateurvereinen landesweit ausgespielten Pokals. Im Vereinsheim wurden daher reichlich schnell angefertigte Devotionalien feilgeboten, ebenso wie die Tickets und Bus/Hotel-Pakete für den großen Tag im fernen Süden. Man rechne mit rund 10.000, die die Reise antreten werden. An der Holker Street stand aber an diesem Abend nochmal der Alltag der Conference auf dem Programm. Zu Gast waren die Kidderminster Harriers. Tolle Atmosphäre an einem milden Frühlingsabend in einem schönen, altmodischen Stadion. Und zu einem kurzen Treffen mit dem hiesigen EFW-Mitglied Stuey hat es auch noch gelangt.

Spiel 9
Samstag, 10. April 2010
Salford City 2, Trafford FC 1
Moor Lane, 126 Zuschauer, First Divison North (8th)

Nachdem ich für Freitag partout kein Spiel ausfindig machen konnte, legte ich zwangsläufig einen fußballfreien Tag ein. Am Samstag ging es einmal mehr nach Manchester. Ursprünglich hatte ich einen Besuch in Oldham geplant, aber nachdem ich darauf aufmerksam gemacht wurde, dass ich meine Bilanz dieser Woche von 7 auf 8 Ligen erweitern konnnte, war klar, dass ich stattdessen Salford ansteuern würde. Dort kickt übrigens ein gewisser Rhodri Giggs, dessen Bruder ein paar Straßen weiter große Karriere macht. Zum Stadtteilduell Salford gegen Trafford fanden sich 126 Zuschauer ein (mich eingerechnet). Einen davon lernte ich bereits auf dem Weg zur Moor Lane im Stadtbus kennen, nachdem ich den erstbesten Fahrgast nach der richtigen Haltestelle fragte. Eben dieser Geselle führte mich dann auch direkt zum Ground und lud mich ins Clubhouse ein: Dieses war in einem umfunktionierten Baucontainer eingerichtet, da das alte Vereinsheim jüngst einer Brandstiftung zum Opfer fiel. “Hey, hört mal alle her. Wir haben heute einen Besucher aus Deutschland! Was darf’s denn sein? Das Bier geht auf mich.” In etwa dieser Atmosphäre verlief der restliche Nachmittag. Wie fast überall bei englischen Amateurspielen treffen sich Fans der Heim- und Gästemannschaft vor dem Spiel im Vereinsheim, und ich kannte bald alle Anwesenden per Vornamen. Und nachdem die Pins leider wieder einmal ausverkauft waren, wusste man mir auch hier wieder zu helfen. Ein sehr netter Besuch, der mir gewiss in positiver Erinnerung bleiben wird.

Spiel 10
Sonntag, 11. April 2010
Wolverhampton Wanderers 0, Stoke City 0
Molineux, 28.455 Zuschauer, Premier League (1st)

Der Anti-Climax folgte am nächsten Tag. Es war der vorletzte Tag meiner kleinen Rundreise und erstmals verließ ich den Norden, um mir in den West Midlands ein Spiel zweier lngjähriger Rivalen anzusehen: Wolves v Stoke. Premier League, ausverkauftes Haus, alles sehr vielversprechend. Aber leider auch sportlich die enttäuschendste Partie dieser Reise (die einzige Nullnummer) bei gleichzeitig den höchsten Eintrittspreisen (billigstes Ticket £34). Aufgrund der Rivalität war zumindest die Stimmung ausgezeichnet.

Nach einer Übernachtung in Birmingham trat ich am Folgetag den Heimflug aus Bristol an.

İstanbul

Nachdem ich im Januar ein privates Wochenende in Athen aus beruflichen Gründen sausen lassen musste, revanchierte sich das Schicksal kurz darauf mit einer Geschäftsreise nach Istanbul. Nach einem Blick auf den Spielplan lief es mir zunächst kalt den Rücken herunter: Das große Stadtderby zwischen Beşiktaş und Galatasaray stand an. Bingo! Zudem ein paar weitere Ligaspiele sowie unter der Woche die UEFA Europa League mit den beiden verbleibenden türkischen Vertretern Gala und Fener zuhause.

Alsbald setzte ich sämtliche Hebel in Bewegung, um an ein Ticket fürs Derby zu kommen. Die anderen Partien sollten vor Ort klarzumachen sein. Dabei lernte ich, dass die Anstoßzeiten in der türkischen Süperlig ziemlich kurzfristig festgelegt werden und der Kartenvorverkauf meist erst 3-4 Tage vor dem Spieltermin startet. Zu meinem Derby-Ticket kam ich dann letztlich ganz unspektakulär und ohne einheimische Hilfe über das Biletix-Kartenportal, über das so ziemlich alle türkischen Clubs ihren Vorverkauf abwickeln.  Das Europacup-Rückspiel von Galatasaray gegen Atletico Madrid hingegen ging erst gar nicht in den freien Verkauf, sodass ich den Besuch am Donnerstagabend im Stadion “Ali Sami Yen” leider streichen musste.

Kasımpaşaspor – Gaziantepspor 3:0 (2:0)

Recep Tayyip Erdoğan Stadyumu, ca. 1.500 Zuschauer
Türkcell Süperlig, 21.02.2010

Los ging’s erstmal am frühen Sonntagnachmittag, mit der Fähre (70 Cent) über den Bosporus hinüber in den europäischen Teil der Stadt nach Beyoğlu. Neben den großen Dreien tummeln sich noch einige kleinere Clubs in Istanbul. Einer davon ist Kasımpaşa. Deren Stadion ist nach dem in diesem Stadtteil geborenen türkischen Ministerpäsidenten benannt, aber viel bemerkenswerter ist die Tatsache, dass es eingebettet in einen Hügel direkt in einem Wohngebiet liegt. Das ist dann auch der Grund dafür, dass man sich nur eine einzige L-förmige Tribüne leisten kann, die sich von der einen Spielfeldseite an der Bergseite bis hinter einer der Torauslinien erstreckt. Die Bewohner der angrenzenden Häuser an den beiden offenen Seiten haben damit beste Logenplätze.

Karten gibt’s an der Tageskasse für 10 Türkische Lira (knapp 5 Euro) und das bei freier Platzwahl, wobei die Kapazität von 9.500 Plätzen nicht mal bei Spielen gegen die größeren Clubs der Stadt voll ausgeschöpft wird. Heute waren es schätzungsweise 1.500 Zuschauer. Zu Gast war das Team aus Gaziantep, unweit der syrischen Grenze. Dennoch brachten diese rund 200 Fans mit, wobei einige davon wohl ohnehin in Istanbul ihr Brot verdienen. Die Partie war ganz unterhaltsam anzusehen, gemütliche Atmosphäre bei Tee und Sonnenblumenkernen, mit einer spielbeherrschenden Heimmannschaft. Insgesamt nichts Besonderes, wären da nicht ein paar fragwürdige Schiedsrichterentscheidungen gewesen.

Beim Stand von 2:0 in der zweiten Halbzeit gibt es Elfmeter für die Gäste und einen Platzverweis gegen den Übeltäter der Gastgeber. Im Handumdrehen kippt die Stimmung auf der Tribüne: Schluss mit dem Sonntagspicknick. Auf dem Platz kommt es unweigerlich zur Rudelbildung mit etwas Geschubse. Es wird viel und lautstark gestikuliert. Der zunehmend bedrängte Schiri nimmt Reißaus und sucht Schutz beim Linienrichter. Und dieser erklärt ihm, dass er da wohl was falsch gesehen hätte. Die Entscheidung wird zurückgenommen: Kein Platzverweis, und auch kein Elfer – was jetzt natürlich wiederum die Gäste erbost. Nicht nur die Spieler, die nun den Unparteiischen umzingeln, sondern auch deren Anhang. Sitze werden aus der Verankerung gerissen und aufs Spielfeld geworfen, einige überklettern die Absperrungen, schubsen Ordner um und laufen in Kamikaze-Manier auf die Heimtribüne zu. Verstärkung in Form von Polizisten in Kampfausrüstung ist aber gleich zur Stelle, und so werden einige aus dem Innenraum abgeführt. Ein kleiner Vorgeschmack auf das große Derby am heutigen Abend? Mir wird etwas mulmig. In der Nachspielzeit fällt das 3:0.

Beşiktaş – Galatasaray 1:1 (0:0)

BJK İnönü Stadyumu, 32.145 Zuschauer (ausverkauft)
Türkcell Süperlig, 21.02.2010

Nur etwa drei Kilometer von Kasımpaşa entfernt liegt das Inönü-Stadion. Über den Taksim-Platz, wo sich die GS-Fans versammelten, ging’s zunächst ins Kazan Beer House. Dieses liegt inmitten des Stadtteils Beşiktaş und bildet das Epizentrum der Party vor dem Spiel. Dort traf ich mich mit Rasim und seinen Kumpels. Lautstark und feuchtfröhlich geht es dort zur Sache, doch viel Zeit blieb nicht. Die gesamte Meute, die sich in und um der Kneipe traf, machte sich gemeinsam auf den Marsch ins etwa 500 Meter entfernte Stadion.

Das Inönü ist ein klassisches Fußballstadion direkt neben dem Dolmabahçe-Palast gelegen, mit Blick auf Bosporus und Moschee – und gleichzeitig das einzige Stadion der Welt, das man von einem anderen Kontinent aus erblicken kann.  Das Polizeiaufgebot rund ums Stadion war erwartungsgemäß groß. Die paar tausend ‘ultrAslan’ aus dem nördlich angrenzenden Viertel Galatasaray wurden gut bewacht, sodass es zu keinerlei Zwischenfällen kam. Im Stadion ist größte Ultra-Gruppierung von Beşiktaş (Çarşı) auf der Kapalı-Tribüne an der Seitenlinie zuhause. Die meisten dort haben Jahreskarten, und die verfügbaren restlichen Tickets gingen offiziell für sage und schreibe 250 TL (rund 120 Euro) über den Tisch. Aber selbst für einen Platz auf der dreistöckigen Hintertortribüne ‘Yeni Açık’ schlug mit knapp 40 Euro zu Buche. Wir fanden im Mittelrang Platz und aufgrund der Enge fragte ich mich, ob da nicht viel mehr als 32.145 Leute im Stadion waren. Selbst die Ordner standen auf den Sitzen. Und obwohl es eigentlich keine Stehplätze gibt, sah man nur ein paar Leute auf der Haupttribüne sitzen.

Die Stimmung war grandios. Beim Einlaufen der Mannschaften entwickelte sich ein nie geahnter Lärmpegel in einem Meer aus Fahnen, Schals und Bengalos. Mit einem Sieg könnte man zum Tabellenführer aufschließen und wieder aktiv um die Meisterschaft mitspielen. In einer hart umkämpften Partie gingen die Gäste in der 68. Minute in Führung. Die rot-gelbe Seite des Stadions tobte. Und bei Einwürfen und Eckbällen der Gäste hagelte es Becher, Feuerzeuge und Münzen in einem Ausmaß, das in Deutschland einen Spielabbruch rechtfertigen würde. Als Beşiktaş acht Minuten vor Schluss den Ausgleich erzielte, bebte die Tribüne und ich fand mich etwa zehn Stufen weiter unten wieder. Nicht auszudenken was wohl geschehen wäre, hätte man noch den Siegtreffer nachlegen können.

Fenerbahçe – Bursaspor 2:3 (2:1)

Şükrü Saracoğlu Stadyumu, ca. 45.000 Zuschauer
Türkcell Süperlig, 22.02.2010

Tags darauf begab ich mich ins modernste und größte Vereinsstadion der Türkei: ins Şükrü Saracoğlu, Heimat von Fenerbahçe. Unweit meines Hotels in Kadıköy auf der anatolischen Seite gelegen, konnte ich bequem zu Fuß hingehen. Das rechteckig mit zwei Rängen angelegte Stadion mutet aufgrund seiner Architektur etwas englisch an und bietet 50.530 Besuchern Platz.

Nachdem Galatasaray am Vortag Punkte liegen ließ, hätte Fener mit einem Sieg die Tabellenführung übernehmen können. Und lange sah es gegen den Tabellendritten Bursa auch so aus. Die beiden Brasilianer Alex and Andre Santos sorgten nach nur 20 Minuten für eine souveräne Führung für das Team von Christoph Daum (2:0 siehe Foto). Noch vor der Halbzeitpause gelang Bursaspor der Anschlusstreffer, und im Laufe der zweiten Hälfte verlor FB zunehmend den Faden. Und es kam wie es kommen musste: In der 85. Minute erzielten die Gäste nach einem indirekten Freistoß den Ausgleich und in der Nachspielzeit schloss man einen Konter souverän zum Auswärtssiegtreffer ab.

Wieder einmal ließen die Fans ihrer Frustration freien Lauf. Die Bursa-Spieler, die sich von den Mitgereisten feiern ließen, kamen sofort unter Dauerbeschuss. Da einem am Eingang so ziemlich alles abgenommen wird, was möglicherweise als Wurfgeschoss verwendet werden könnte (einschließlich Münzen),  flogen diesmal eben Handyakkus und Haustürschlüssel – unglaublich. Was mich aber beim Verlassen des Stadions noch mehr erstaunte, war die Tatsache, dass sich alle Besucher der Hintertortribüne durch gerade mal zwei Tore auf eine einzige Treppe drängen müssen, um ins Freie zu gelangen. Und das bei einem relativ neuen Stadion. Wenn da mal eine Panik ausbricht…

1.FC Union Berlin – TSV München 1860

Am Sonntag, den 20. Dezember 2009 kam es in der Alten Försterei zum ersten Pflichtspiel zwischen Union und Sechzig. Mit Temperaturen um 15 Grad unter Null war dies wohl die kälteste Partie, die ich je besuchte. Aufgrund der frühen Anstoßzeit um halb zwei fand ich mich mit meinen Bekannten (Unioner und Exil-Löwen) bereits gegen 11 Uhr in der “Abseitsfalle” zum Frühschoppen ein. Zu diesem Zeitpunkt war der Laden bereits rappelvoll – und wie mir attestiert wurde, kommt es selten vor, dass sich so viele Gästefans hier einfinden. Insgesamt eine sehr freundschaftliche Atmosphäre, so soll es sein!

Rund 2000 Löwenfans sind der Mannschaft zu dieser lang erwarteten Auswärtsfahrt nach Köpenick gefolgt. Im Stadion waren die Bierleitungen eingefroren und selbst der Glühwein wurde nur lauwarm serviert – davon abgesehen konnten sich jetzt endlich auch die Sechzger vom Ergebnis des wohl bemerkenswertesten Stadionprojekts der neueren geschichte überzeugen.

In einer ausgeglichenen Partie trennte man sich schließlich leistungsgerecht 1:1.
Torschützen: 1:0 Brunnemann (11.), 1:1 Pappas (36.)

Aufstellung 1860:
Kiraly, Rukavina, Felhi, Hoffmann, Ghvinianidze, Aigner (78. Biancucchi), Ludwig, Ignjovski, Pappas, Lauth (85. Mlapa), Rösler