Italienisches Wochenende

23. Mai 2009
FC Parma – Vicenza Calcio 4:0 (3:0)
Stadion Ennio Tardini, 10.645 Zuschauer
Italien, Serie B

Stadion Ennio Tardini, Parma

Die Fakten sprachen eine klare Sprache: Himmelfahrtswochenende, vorletzter Spieltag der Serie A und B, Hin- und Rückflug nach Bergamo für 14(!) Euro. Und schon war die Entscheidung gefallen: Es geht zur Abwechslung mal nach Italien.

Nun bin ich wirklich kein großer Freund des italienischen Fußballs. Zuviele negative Assoziationen werden da bei mir geweckt: Defensiver, unattraktiver Ergebnisfußball, arrogante Spielertypen, viel Schauspielerei und versteckte Fouls, und von Überheblichkeit strotzende Fans. Dazu kommt die Eskalation der Gewalt sowie mafiose Verstrickungen zwischen Vereinen, der Politik, Wirtschaft und wer auch immer sonst noch seine Interessen vertreten sehen will. Daher verfolge ich die italienische Liga auch nicht annähernd in einem Maße wie ich das in anderen Ländern tue.

Dennoch zählt der italienische Fußball nach wie vor mit zum erfolgreichsten der Welt – wenn auch den europäisch spielenden Vereinsmannschaften nach und nach der Rang abgelaufen wird und der WM-Titel 2006, gelinde gesagt, sehr glücklich zustande kam. Nun muss ich ja nicht gleich alles mies machen, schließlich ist Italien auch die Geburtsstätte der Ultra-Bewegung und bekannt für fanatische Stimmung in den Stadien, welche für sich allein schon einen Flair der Achtziger Jahre versprühen. Zudem spricht ja nichts gegen einen Kurzurlaub bei hervorragender Küche und sommerlichen Temperaturen.

Am Donnerstagnachmittag in Bergamo (auf ryanairisch als Mailand bezeichnet) eingetroffen, hatte ich zunächst zwei fußballfreie Tage zu überstehen. Nach gemäßigten Sightseeing-Aktivitäten und einem Treffen zum Pizzaessen mir einer Kollegin in Mailand, ging es am Samstagmorgen mit dem Zug nach Parma. Die Nahverkehrszüge Italiens sind ziemlich marode, verschmutzt und auch die Klimaanlage (sofern vorhanden) funktioniert nicht immer. Aber die Fahrpreise zählen zu den niedrigsten in Westeuropa: ein schlagkräftiges Argument für einen Budget-Reisenden wie mich. Wollen wir also nicht meckern.

Parma selbst ist eine wunderschöne Stadt, Bilderbuch-Italien par excellence. Der einst international spielende AC Parma musste 2004 Konkurs anmelden, und nur durch eine schnell eingebrachte Gesetzesnovelle und eine Neugründung unter dem Namen FC Parma, konnte die Liquidation vermieden und der Spielbetrieb aufrechterhalten werden. Man fand sich schließlich in der 2. Liga wieder, und gerade am vorangegangenen Spieltag konnte auswärts der Wiederaufstieg eingetütet werden. Nun stand das letzte Heimspiel der Saison an, was einen Ansturm auf die Tickets und eine große Aufstiegsfeier versprach. Eine Stunde vor Öffnung der Kartenhäuschen bildeten sich bei gut 34 Grad im Schatten die ersten Schlangen. Zu diesem Zeitpunkt waren die günstigeren Tickets für die Curva längst im Vorverkauf über den Tisch gegangen, sodass ich 30 Euro für einen Tribünenplatz hinblättern musste. In Folge der gewalttätigen Ausschreitungen der letzten Jahre werden Eintrittskarten nur noch personalisiert verkauft, d.h. man muss unbedingt seinen Ausweis dabei haben, da der Name registriert und aufs Ticket gedruckt wird. Gästekarten gehen am Spieltag grundsätzlich nicht mehr in den Verkauf. Soviel zum administrativen Aufwand. Rund ums Stadion ist viel Polizei zugegen, außerdem herrscht ein striktes Alkoholverbot im und ums Stadion herum. Bei der Hitze konnte ich ausnahmsweise auch gerne mal auf den Gerstensaft vor dem Spiel verzichten.

Das Stadio Ennio Tardini ist ein richtiges Fußballstadion, sehr kompakt, mit zwei überdachten Sitzplatztribünen an den Seitenlinien und den Stehplatzbereichen hinter den Toren. Der Gästebereich beschränkte sich auf eine kleine Ecke hinter einem der Tore, der Rest der Stehplatzränge auf dieser Seite, der rund 3000 weiteren Fans Platz geboten hätte, musste leer bleiben. Schade, denn somit war das Stadion zwar ausverkauft, aber eben nicht voll. Die Parma-Fans legten gleich gut los mit lauten Gesängen, einer ansehnlichen Choreographie, viel Konfetti und Rauch. Von meinem 30-Euro-Platz aus hatte ich beste Sicht auf Spielfeld und Kurve, und spätestens jetzt bereute ich keine Minute mehr, dass ich mich für die überdachte Variante entscheiden musste. Der Schweiß und das Acqua minerale flossen in Strömen, und ich weiß nicht, ob ich auf einem Stehplatz in der prallen Sonne nicht etwa kollabiert wäre. Bin schließlich auch nicht mehr der Jüngste.

Alles war zubereitet für eine große Party. Auf dem Platz setzten die Blau-Gelben zu einem Schaulaufen an und führten zur Pause bereits souverän 3:0. Zur zweiten Hälfte wechselte ich meinen Platz und begab mich in den Block neben den paar Hundert Gästefans aus Vicenza, die stimmlich zwar kaum mithalten konnten, aber immer wieder zu beleidigenden Gesängen ansetzten, was umgehend entsprechend beantwortet wurde. Parma machte weiter, wo es in der 1. Hälfte aufgehört hatte, und zwar mit dem Toreschießen. Mittlerweile fiel das 4:0. So hätte es weitergehen können.

Doch dann kam es zu einem tragischen Zwischenfall. Etwa 20 Minuten vor Ende der Partie stürzte ein Vicenza-Anhänger von der Tribüne ca. 6 Meter in die Tiefe. Ein Aufschrei ging durchs Publikum, der sofort jeden (einschließlich Spieler und Schiedsrichter) erstarren ließ. Sofort war jedem klar – auch den vielen, die es nicht selbst beobachteten – dass hier etwas Schreckliches passiert sein musste. Der Schiri unterbrach die Partie und panisch wurde versucht, so schnell wie möglich Sanitäter und Helfer herbeizuholen. Der Schwerverletzte wurde schließlich in die Notaufnahme transportiert, und das Spiel blieb für weitere 20 Minuten unterbrochen. Die Vicenza-Fans waren außer sich, dass die Partie nicht abgebrochen wurde. Und letztlich stimmten auch die Parma-Fans Sprechchöre an, die einen Spielabbruch forderten. Als dann offensichtlich die Meldung eintraf, dass der Verletzte noch am Leben sei, pfiff der Unparteiische wieder an.

Gut ein Drittel der Zuschauer verließ daraufhin unter Protest das Stadion. Die Vicenza-Anhänger zogen geschlossen ab. Plötzlich herrschte gespenstische Stille, keinem war mehr zum Feiern zumute. Auch die Akteure auf dem Platz hatten keine Lust mehr auf Fußball und spielten sich gegenseitig den Ball im Mittelfeld zu. Die Zeit bis zum erlösenden Abpfiff schien eine Ewigkeit zu dauern.

Eugenio Bortolon, 19 Jahre, verstarb noch am selben Tag im Krankenhaus. Ein Tag, der so schön begann, endete in einer furchtbaren Tragödie. Und plötzlich relativierte sich alles wieder.

24. Mai 2009
Atalanta Bergamo – US Palermo 2:2 (0:1)
Stadio Atleti Azzurri d’Italia, 10.669 Zuschauer
Italien, Serie A

Stadio Atleti Azzurri d'Italia, Bergamo

Der Übergang zum nächsten Spiel am darauffolgenden Tag fällt mir nicht leicht. Aber schließlich muss es weiter gehen. Am Sonntag war die Serie A dran, in San Siro trat der AC Milan gegen AS Roma an, und wäre eine Option gewesen. Sportlich sicher höherwertig als Atalanta gegen Palermo, aber den gigantischen Giuseppe-Meazza-Tempel kannte ich schon. Und irgendwie schreckten mich auch die Touristen aus Kanada oder Japan ab, die ich in diesen Tagen traf und die noch nie in ihrem Leben ein Fußballspiel besucht haben, aber einen Besuch beim AC Milan auf ihrer Sightseeing-Agenda hatten.

In Bergamo hingegen erwartete mich ein etwas ursprünglichers Fußballerlebnis. Im Ticket Office konnte ich mit rudimentärem Italienisch verständlich machen, was mein Begehr war, und legte meinen Personalausweis zur Registrierung vor. Die hübsche Kartenverkäuferin erklärte mir daraufhin in astreinem Deutsch, welche Karte wieviel kostet, wo die Gäste stehen und welche Ecken man lieber meiden sollte. Dabei kam ein Stehplatz für 14 Euro raus.

An diesem Sonntag war es dann noch einen Tick heißer als am Vortag, doch dafür gab es in der Kurve kein einziges schattiges Plätzchen. Ich positionierte mich also ganz oben, wo ich zwar weit vom Spielfeld weg war, aber immerhin gelegentlich eine leichte Brise für etwas “Abkühlung” sorgte (dieses Wort ist eigentlich völlig fehl am Platz). Das Stadio Atleti Azzurri d’Italia ist nicht ganz so kompakt angelegt wie das in Parma, wenn auch dankenswerterweise auf eine Aschenbahn verzichtet wurde. Jedenfall ein weiteres richtiges Fußballstadion, wie man es früher gewohnt war. Zudem am Südrand der Alpen gelegen mit schönem Bergpanorama im Hintergund.

Sportlich ging es am vorletzen Spieltag nur noch bei Palermo um etwas, das bei einem Sieg und gleichzeitigen Niederlagen der Konkurrenz noch auf einen Europa-Liga-Platz hoffen durfte. Doch daraus wurde nichts. In einem abwechslungsreichen Spiel, das keinen Sieger verdiente, bekam ich ein Untschieden mit vier Toren zu sehen. Auch supportmäßig war wieder das volle Programm geboten: Blockfahnen, Choreographien, Rauchbomben und lauter Gesang.

Der Abend wurde traditionell bei Pizza und Rotwein beschlossen, bevor es zeitig zu Bett ging. Denn am nächsten Morgen hieß es um halb fünf raus aus den Federn, Rückflug nach Berlin und direkt ins Büro.

The Old Firm – die Mutter aller Derbys

9. Mai 2009
Glasgow Rangers – Glasgow Celtic 1:0 (1:0)
Ibrox Park, 50.321 Zuschauer
Scottish Premier League

Die gute Nachricht zuerst: Das Spiel fand statt. Ganz im Gegensatz zu meinem Versuch das Old Firm Derby in der Vorjahressaison zu besuchen. Da für dieses Spiel keine Tickets in den freien Verkauf gehen, muss man entweder die richtigen Leute kennen oder ein überteuertes Hotel-mit-Ticket-Paket kaufen, wozu ich mich letztlich auch hinreißen ließ. Zumindest der 40-Euro-Flug nach Edinburgh und die beiden anderen Nächte im Hostel machten den Trip finanziell erträglich.

Am viertletzten Spieltag standen die Rangers mit einem Punkt vor Celtic. Durch einen Sieg hätte Celtic vorbeiziehen und die Meisterschaft klar machen können. Selbst ein Unentschieden hätte reichen können, vorausgesetzt man entscheidet die restlichen Partien für sich. Leider aber kam es ganz anders.

Das Wetter war richtig schottisch: sehr wechselhaft, viel Wind und Regen, zwischenzeitlich scheinte die Sonne durch. Anpfiff war bereits um 12.30 Uhr, sodass ich mich gleich nach einem ausgiebigen Inselfrühstück, das locker den Cholesterinspiegel für die nächsten zwei Wochen hebt, per U-Bahn in den Glasgower Westen Richtung Ibrox machte. Mir fiel gleich auf, dass nur Fans der Rangers unterwegs waren. Spätestens jetzt erwies es sich als vernünftige Entscheidung neutral gekleidet zu sein. Die Gäste aus dem Osten der Stadt kamen allesamt in gecharterten Bussen und Großraumtaxis angereist. Hier in Glasgow ist es wohl besser, man begegnet dem Feind nicht auf der Straße oder dem Bahnhof.

In Ibrox angekommen – mittlerweile schüttete es aus Kübeln – begab mich sogleich auf die Gästetribüne, den Broomloan Stand, den ich mir mit rund 8000 Grün-Weißen teilte. Großartige Stimmung, sehr lautstark, optisch unterstützt durch tausende kleine irische Tricolores, die zuvor verteilt wurden. Beim Einlaufen der Mannschaften stieg der Lärmpegel auf ein Maß wie ich es noch nicht erlebt habe. Heute ein Sieg auswärts beim größten aller Rivalen und wir sind Meister!

Die Hoops taten sich aber schwer. Es gab auf beiden Seiten ein paar wenige gute Gelegenheiten, aber insgesamt konzentrierte sich das Spiel aufs Mittelfeld. Bis dann in der 35. Minute Davis für die Gastgeber traf. Die Rangers-Fans flippten aus, obszöne Gesten und hämische Gesänge in ohrenbetäubender Lautstärke, und sogar eine in britischen Stadien unübliche Rauchbombe, die in unmittelbarer Nähe unserer Tribüne gezündet wurde.

Die Celts drängten nun auf den Ausgleich, am besten noch vor der Pause. Und immerhin blieb noch eine weitere Halbzeit, um das Spiel zu drehen. Das gelang aber nicht. Dementsprechend groß war die Enttäuschung. Jeder spürte, dass nach drei Meistertiteln in Folge nun wieder die anderen an der Reihe sein dürften. Es blieb nur noch die kleine Hoffnung auf einen Ausrutscher in den letzten drei Spielen. Da man aber selbst nicht vorlegen konnte, blieb das unerheblich. Celtic gewann zwar die nächste Partie gegen Dundee 2:1, kam aber in den verbleibenden zwei Spielen gegen die beiden Edinburgher Teams der Hibernians und der Hearts jeweils nicht über ein 0:0 hinaus.

Nach dem Verlassen des Stadions wurden die Celtic-Fans von der Polizei erstmal auf einen 2 km entfernten Parkplatz getrieben. Es dauerte über eine Stunde bis ich wieder ein öffentliches Verkehrsmittel erreichte. Ich fuhr umgehend nach Parkhead im Osten der Stadt, der Hochburg der Celts, wo man im Gegensatz zu Govan als Gast gerne gesehen ist. Die Häuser fast alle durchgehend mit Celtic-Fahnen geschmückt und großer Betrieb in den Kneipen. Es wurde noch viel gesungen und getrunken.

Die restliche Zeit in Glasgow nutzte ich noch zu einem Besuch im wirklich sehenswerten Scottish Football Museum sowie Stadiontouren im Hampden Park und bei Celtic.  Die Stadiontour im Celtic Park wurde übrigens von Dixie Deans geleitet, erfolgreichster Torschütze der 70er Jahre (132 Treffer in 184 Spielen). Ein sehr netter Mensch, bei dem mann spürt, dass er mit Herzblut bei der Sache ist, und der sich per Handschlag von mir verabschiedete und sich bedankte, dass ich den langen Weg zum Derby angereist war.

Stippvisite in Stettin

3. Mai 2009
Pogoń Szczecin – Polonia Słubice 1:1 (0:0)
Stadion Florian Kryger, 2500 Zuschauer
Polen, II. Liga Zachodnia (West)

Der Mai begann ganz unverhofft mit einem Besuch in Polen. Und das kam so: Danny Last von European Football Weekends war mit seiner Truppe aus Brighton für ein paar Tage auf Tour in Deutschland. Nach Rostock und Wolfsburg sollte am Sonntag ein Spiel der Berliner Oberliga besucht werden. Zur Auswahl standen Reinickendorf und Spandau, was ja durchaus ganz gemütlich hätte werden können. Doch die Option stattdessen mit dem Zug ins 2 Stunden entfernte Stettin zu fahren, um dort den einstigen Europacup-Teilnehmer Pogon Stettin zu sehen, überzeugte alle Teilnehmer unserer fünfköpfigen Reisegruppe im Handumdrehen.

Die Herren aus England erschienen nach zwei durchzechten Nächten ziemlich angeschlagen und bleich im Gesicht zum Treffpunkt am Berliner Hauptbahnhof. Nach der Anwendung bewährter Hausmittel in Form von Flaschenbier konnten die ersten Wehwehchen gelindert werden. In Stettin angekommen erwartete uns ein schöner Frühsommertag. Im Biergarten des Columbus Pub, mit schöner Aussicht auf die Oder und den Hafen, kam dann neben einem üppigen Mittagsmahl auch die Bosman-Regelung zum Einsatz. Die Produkte der lokalen Brauerei Bosman werden nämlich zu rund 1 Euro den halben Liter unter die Leute gebracht, was letztlich nicht nur meine englischen Freunde begeisterte. Und so schön es auch war, irgendwann mussten wir dann doch zum Stadion aufbrechen. Mit der Straßenbahn, die in ihrem letzten Leben noch in Berlin im Einsatz war, ging es zum Ground, wo eine Stunde vor Anpfiff nicht gerade viel los war. Einlass wurde uns für 2 Euro gewährt. Für einen Euro mehr hätten wir auch unter die überdachte Haupttribüne gedurft, worauf wir aber verzichten konnten.

Pogon spielt in der Saison 2008/09 nach einigem sportlichen wie finaziellen Auf und Ab mittlerweile nur noch in der dritthöchsten Spielklasse, stand aber bereits als Aufsteiger fest. Das hufeisenförmige, 18.000 Zuschauer fassende Stadion Florian Kryger war leider nur schwach besucht, und auch das Match hatte nur Freundschaftsspielcharakter. Es ging ja schließlich um nichts mehr. Die erste Hälfte verbrachten wir im Block der örtlichen Ultras, die gut Stimmung machten. Leider waren aus dem gar nicht so weit entfernten Slubice weder optisch noch akkustisch erkennbare Fans angereist. Zum zweiten Durchgang positionierten wir uns dann auf der gegenüberliegenden Tribüne nahe der Ausgänge. Denn uns war bewusst, dass wir ca. 15 Minuten vor Schlusspfiff raus mussten, um den letzten Zug nach Berlin noch zu erwischen. Es ist sonst so gar nicht meine Art, ein Spiel – und sei es noch so belanglos oder langweilig – vor dem Ende zu verlassen. Und das sollte sich rächen: Gerade als wir die Tribüne verließen, um zum Bahnhof zu fahren, ertönte großer Jubel. 1:0 für Pogon. Sch…!

Zumindest erreichten wir gerade noch unseren Zug und mussten sogar noch erfahren, dass Polonia, die wirklich unterirdisch spielten, in der Nachspielzeit noch ausglich. Wie sie das zustandebrachten wird aber allen Beteiligten für immer ein Rätsel bleiben.

Demnächst auf diesem Kanal

Was ist denn hier los? Seit Wochen keine Aktualisierungen? Vielleicht machen sich einige schon Sorgen, während sich andere fragen: “Was macht er denn, der Bua?”

Er ist zumindest schwer beschäftigt, und Ursachen für die fehlenden Updates der letzten Wochen gibt es zahlreiche (wovon fehlende Zeit und Tücken der Technik ganz oben stehen).

Die Berichte, Fotos und Videos für den Monat Mai werden frühestens Ende Juni nachgereicht. Auf dem Programm standen spannende Exkursionen nach Polen, Schottland und Italien.

Pogon Stettin – Polonia Slubice 1:1

Glasgow Rangers – Glasgow Celtic 1:0

Parma FC – Vicenza Calcio 4:0

Atalanta Bergamo – US Palermo 2:2

Für mich ist jetzt erst einmal Sommerpause. Zumindest was den Ligabetrieb angeht. In Mazedonien und Albanien stehen derweil WM-Qualifikationsspiele an. Und welcher klar denkende, vernünftige Mensch möchte sich das schon entgehen lassen?

Aufstiegsfeierlichkeiten vertagt

1.FC Union Berlin – SpVgg Unterhaching 0:1
3. Liga, 25. April 2009, Jahnstadion, 10.052 Zuschauer

Nach dem 0:0 von Düsseldorf gestern in Wuppertal hätte den Unionern heute ein Sieg zum vorzeitigen Aufstieg in die 2. Liga gereicht. Doch zahlreiche versiebte Torchancen der Eisernen, eine mäßige Schiedsrichterleistung des Herrn Rafati sowie eine konsequente Verwertung der einzigen wirklichen Torgelegenheit der Mistgabelschwinger bescherte uns eine 0:1-Heimniederlage.

Damit mussten die Aufstiegsfeierlichkeiten leider auf einen der verbleibenden Spieltage verschoben werden.

 

Ostern in Tschechien

Das Osterwochenende stand vor der Tür, der Frühling zeigte sich bei sonnigen 22 Grad von seiner schönsten Seite, und in Tschechien sollte das Prager Derby zwischen Slavia und Sparta stattfinden. Leider war dieses im Handumdrehen ausverkauft, aber nicht nur das: Erstmalig setzte man auf personalisierte Eintrittskarten, um damit der Randale wie beim Hinspiel vorzubeugen. Ein Kauf auf dem Schwarzmarkt wäre somit – falls überhaupt möglich – noch riskanter als sonst. Allein schon die Normalpreise von 300 bis 550 Kronen überstiegen die üblichen Eintrittspreise von rund 80 Kronen um ein Vielfaches. Zudem wurde die Partie ungünstigerweise auf Montag 17.15 Uhr gelegt. Ich verzichtete also kurzfristig aufs Derby.

Nun gut, aber auch ohne Topspiel lohnt sich eine Reise nach Tschechien allemal. Am Freitagmorgen machte ich mich per Mitfahrgelegenheit auf den Weg nach Prag, wo beim abendlichen Zweitligaspiel mit Dukla gegen Jihlava der Tabellenzweite auf den Vierten traf. Umso überraschender war für mich die Tatsache, das für diese Partie der Eintritt frei war. Wie ich erfuhr, kommen ins Juliska-Stadion normalerweise selten mehr 300-400 Besucher. Mit der Gratisaktion waren es immerhin knapp 1300, die sich auf der riesigen Tribüne verloren.

Am Samstagmorgen um 10.15 Uhr standen sich dann in Strahov Spartas Zweite und die Bohemians gegenüber. Der rund 3000 Mann starke Anhang der Grün-Weißen aus Praha-Vršovice sorgte für gute Stimmung, was der Mannschaft aber leider zu keinem Torerfolg verhalf.  Im Stadion traf ich mit Iain aus Tranmere und zusammen mit Graham aus Barnsley, den wir an der Busstation aufgegabelt hatten, ging es dann ins etwa eine Stunde entfernte Příbram zur dortigen Erstligapartie gegen Mladá Boleslav.

Am Sonntag hieß es dann zurück in Prag wieder früh aus den Betten. Viktoria Žižkov musste im Abstiegskampf gegen Sigma Olomouc abermals Federn lassen. Wie vereinbart traf ich mich zur Halbzeit mit Marc und Freddy, die am selben Morgen mit dem Auto aus Berlin angereist waren. Nach Schlusspfiff machten wir uns umgehend auf den Weg nach Varnsdorf an der sächsischen Grenze, wo ich meine erste tschechische Drittligapartie erleben durfte. Und zu guter Letzt stand noch ein Besuch bei Slovan Liberec zur Partie gegen Banik Ostrava auf dem Programm, bevor es zurück nach Berlin ging.

Fazit: Kompaktes Programm, sechs Spiele in drei Tagen, perfektes Wetter, nette Gesellschaft, viel Spaß.

FK Dukla Praha – FC Vysočina Jihlava 2:1 (0:1)
Druhá Liga (2. Liga), 10.4.2009, Stadion Juliska, 1270 Zuschauer

 


Sparta Praha B – Bohemians 1905 0:0
Druhá Liga (2. Liga), 11.4.2009, Stadion Evžena Rošického, 3133 Zuschauer

 


FK Marila Příbram – Mladá Boleslav 1:1 (1:1)
Gambrinus Liga (1. Liga), 11.4.2009, Stadion Na Litavce, 2327 Zuschauer

 


Viktoria Žižkov – Sigma Olomouc 1:2 (1:1)
Gambrinus Liga (1. Liga), 12.4.2009, Stadion Viktoria, 2723 Zuschauer


Slovan Varnsdorf – Mladá Boleslav B 2:0 (0:0)
Česká fotbalová liga (3. Liga), 12.4.2009, Stadion v Kotlině, 400 Zuschauer

 


Slovan Liberec – Baník Ostrava 0:0
Gambrinus Liga (1. Liga), 12.4.2009, Stadion U Nisy, 6950 Zuschauer

Wembley

England – Slowakei 4:0 (1:0)
Freundschaftsspiel, 28. März 2009,
Wembley Stadium, 85.512 Zuschauer

Bedauerlicherweise habe ich es nie ins alte Wembley-Stadion geschafft, dem wohl bekanntesten und traditionsreichsten Fußballstadion der Welt. Das aufgrund der beiden markanten Türme im Volksmund auch Twin Towers genannte Stadion war Austragungsstätte zahlreicher legendärer Spiele, von den dort  stattfindenden FA Cup Finals über die Heimspiele der englischen Nationalmannschaft bis hin zu internationalen Turnieren wie die WM 66 und die EM 96 – jeweils mit dramatischen Partien und Ergebnissen.

Beim ersten Pokalfinale von Wembley zwischen West Ham United und den Bolton Wanderers im Jahre 1923 betrag das offizielle Fassungsvermögen noch 127.000, doch Schätzungen zufolge drängten 250.000 bis 300.000 Zuschauer ins Stadion und aufs Spielfeld. Rund weitere 60.000 warteten vor den Eingangstoren. Nur durch den Einsatz berittener Polizei konnte das Spiel angepfiffen werden. Und allen voran ritt der Schimmel ‘Billy’. Das damit als White Horse Final in die Geschichte eingegangene Spiel gilt inoffiziell als das mit den weltweit meisten Zuschauern.

An selber Stelle stand 1956 Bert Trautmann im Tor, deutscher Kriegsgefangener, ab 1949 bei Manchester City unter Vertrag. Nach einem Zusammenprall 15 Minuten vor Spielende (Auswechslungen waren damals noch nicht zulässig) spielte er mit angebrochenem Halswirbel bis zum Schlusspfiff durch. Erinnern könne er sich ab jenem Zeitpunkt an nichts mehr, wie er später zu Protokoll gab, nur seinen Kopf konnte er plötzlich nicht mehr bewegen. Dennoch gelangen ihm noch einige Paraden, womit er City den Pokalsieg sicherte. Erst drei Tage nach dem Finale brachte eine Röntgenuntersuchung den dramatischen Befund. Auf wundersame Weise trug er keine Langzeitschäden davon, und noch im selben Jahr wurde er zum ersten ausländischen Fußballer des Jahres in England gewählt.

Geschichten um die Geschichte Wembleys gibt es viele. Doch zur Gegenwart: Das alte Stadion gibt’s nicht mehr, und am selben Ort im Nordwesten Londons wurde 2007 die modernste Fußballarena Europas eröffnet. Von einem gigantischen weißen Bogen überspannt bietet der imposante Neubau 90.000 Zuschauern Platz, mit einem steil angelegten Oberrang, der auch von den hinteren Plätzen optimale Sicht aufs Spielfeld gewährt. Selbst von ganz oben kann man noch die Rückennummern erkennen – und es gibt keinen einzigen Platz mit Sichtbehinderung.

Vergangenen Samstag fand zur Vorbereitung auf die bevorstehenden WM-Qualifikationsspiele ein Testspiel gegen die slowakische Auswahl an. Da ich gerade in London einen Zwischenstopp einlegte, konnte ich die Gelegenheit beim Schopf packen, um live dabeizusein. Für ein Freundschaftsspiel bekam ich eine überraschend schnelle und überzeugende Partie zu sehen. Die Engländer waren in allen Belangen überlegen und hätten locker noch früher und höher den Sieg klarmachen können. Bis zur 70. Minute stand es nur 1:0. Heskey, Lampard und zweimal Rooney steuerten die Treffer bei, doch bergen solche Begegnungen auch immer die Gefahr von Verletzungen. Und die traf vor allem die englische Sturmreihe. Nachdem Emile Heskey bereits in der 15. Minute angeschlagen vom Platz musste, erwischte es nur 20 Minuten später auch seinen Ersatzmann Carlton Cole. Der für ihn hereingekommene Peter Crouch musste dann in der 74. verletzungsbedingt vom Platz. Auf der linken Seite wirbelte desweilen Wayne Rooney unbeirrt weiter, und bot neben Steven Gerrard die ansprechendste Leistung. Historisches bleibt auch noch zu vermerken: David Beckham überholte mit seinem 109. Länderspieleinsatz den Feldspielerrekord von Booby Moore. Nur Torhüterlegende Peter Shilton hat noch mehr Partien für sein Land absolviert.

Alles in allem ein sehr atmosphärischer Stadionbesuch, der mir lange in Erinnerung bleiben wird. Das Wetter zeigte sich von seiner launischen Seite: von sonnigen Abschnitten über Graupelschauer und Platzregen alles dabei. Die mitgereisten slowakischen Fans traten trotz des nicht gerade überzeugenden Auftritts ihres Teams gut gelaunt und lautstark in Erscheinung, inizierten sogar nach dem 0:2-Rückstand eine Welle durchs Stadion, die von den englischen Fans begeistert aufgenommen wurde. Selbst auf dem Weg zur völlig überfüllten U-Bahnstation Wembley Park blieb alles friedlich und es gab noch einige Gesangsduelle. Die berüchtigten Inselaffen meiden wohl Heimspiele und fallen nur auswärts unangenehm auf.

Fußball in den USA: Major League Soccer

Wie jeder weiß, ist Fußball in Nordamerika nicht gerade Volkssport Nummer Eins. Soccer rangiert dort weit hinter Baseball, Basketball, American Football, Rodeo oder Bowling. Fußballspielen betrachtet man eher als Beschäftigung für Kinder. Wirklich etablieren konnte sich der Sport hier nie.

Daran haben weder die Gastspiele von Pelé und Beckenbauer bei Cosmos New York in den Siebzigern noch die WM 94 etwas geändert. Als Voraussetzung für die Ausrichtung der Weltmeisterschaft richtete der US-amerikanische Fußballverband ein Jahr zuvor eine Profiliga unter dem Titel Major League Soccer ein. Darin kicken 16 Mannschaften, eine davon aus Kanada. Eine Saison läuft wie auch in Skandinavien oder Russland vom Frühjahr bis zum Herbst.

Zum Saisonstart 2009 hielt ich mich günstigerweise gerade in San Jose, Kalifornien, auf, wo das dortige Team der Earthquakes am ersten Spieltag auf die Abordnung aus Boston, die New England Revolution, traf. Mit großem Tam-Tam wurde der Neuzugang Darren Huckerby von Norwich City aus der zweiten englischen Liga angekündigt. Vor 10.335 Zuschauern im fast ausverkauften Buck Shaw Stadium auf dem Gelände der University of Santa Clara unterlagen die Gastgeber in einem mäßigen Spiel mit 0:1.

Unter den Zuschauern befanden sich beachtlich viele Mexikaner und andere Lations, ebenso wie Familien mit Kindern (siehe oben). Auch die Atmosphäre rund ums Spiel ist etwas anders als in Europa. Es gibt Zuckerwatte und Popcorn, und fliegende Händler verkaufen Heiße Schokolade im Pappbecher. In der ‘Fanzone’ vor den Eingängen zu den Sitzplatztribünen gibt es sogar eine Hüpfburg für die Kleinen. Und die Eintrittspreise von 20 bis 60 US-Dollar fand ich etwas happig für eine Partie dieses Niveaus. Zumindest herrschte an diesem Samstagabend richtiges Fußballwetter: 15 Grad und Nieselregen. Nur ans richtige Schuhwerk hatte wohl keiner der Spieler gedacht. So viele Ausrutscher (einschl. Linienrichter) hatte ich schon lange nicht mehr gesehen.

Fazit: Eine etwas andere Erfahrung. Und wenn ich hier aufgewachsen wäre, würde ich heute wohl wie die meisten Amis einem andern Sport folgen.

Loftus Road, London W12

Queens Park Rangers 0, Sheffield United 0
Championship, 7. März 2009, Loftus Road, 13.718 Zuschauer

Loftus Road, London W12. Das ist die Adresse des gleichnamigen Stadions im West-Londoner Stadtteil Sheperd’s Bush und zugleich Heimat der Queens Park Rangers. Es bietet 19.100 Besuchern Platz und liegt inmitten eines Wohnviertels. Wie einst in Highbury liegen auch hier die Eingänge zu den Tribünen gleich neben denen der Reihenhäuser.

Die nahegelegene Uxbridge Road wartet mit zahlreichen Pubs, Cafes und Takeaways auf. Und wenn man sich an einem Spieltag in Nähe des Stadions bewegt, bekommt man ein gutes Gefühl dafür, was es bedeutet seiner lokalen Mannschaft zu folgen. Auch wenn – oder gerade weil – eine ganze Reihe höherklassige Vereine ein paar U-Bahnstationen entfernt liegen. Hier in Sheperd’s Bush und Hammersmith steht man jedenfalls hinter den ‘Hoops’, auch R’s genannt. Vor allem auf Chelsea ist man nicht gut zu sprechen.

Man mischt dieses Jahr im oberen Tabellendrittel mit, ohne aber unbedingt was mit dem Aufstieg zu tun zu haben. Ganz anders als die Blades, die letzten Samstag zu Gast waren und gegenwärtig den 3. Platz der Championship belegen. Obwohl also mit Sheffield United ein attraktiver Gegner zu Gast war, war das Stadion nur zu gut zwei Dritteln gefüllt. Eintrittspreise für ein Zweitligaspiel ab 25 Pfund aufwärts sind eben auch in London viel Geld, vor allem wenn man bedenkt, dass sich hier die Rezession spürbarer bemerkbar macht als zuhause.

Zum Spiel: Die Partie war ziemlich abwechslungsreich, es gab vereinzelt ein paar gute Torchanchen, doch die teils ansehnlichen Kombinationen endeten auf beiden Seiten meist im Nichts. Folglich musste ich nach längerer Zeit mal wieder ein torloses Unentschieden hinnehmen. Die Einen konnten es nicht besser, die Anderen wollten wohl nicht.

Ach ja, noch was: Wer weiß wie der aktuelle Vereinspräsident von QPR heißt?
Flavio Briatore! Ja, genau der aus der Formel 1.