DFB-Pokal 1. Runde 2008/09

Endlich rollt der Ball wieder! Und endlich traten die Löwen mal wieder im Großraum Berlin an. Das Los bescherte uns in der 1. Hauptrunde im DFB-Pokal einen Besuch im mecklenburgischen Neustrelitz (70 Minuten mit dem Regionalzug ab Berlin Hbf), was vor allem die in Berlin ansässigen Sechzger freute. Mit allen verfügbaren Kräften begab man sich also erwartungsfroh gen Norden. Der TSV dominierte das Spiel klar, gab sich aber nach einem Doppelschlag durch Heimkehrer Benny Lauth und Kucukovic in der 22./23. Minute mit einem 2:0 zufrieden und ließ es fortan ziemlich gemütlich angehen. Ganz anders als das Wetter: Nach einer wochenlangen Dürre im Nordosten schüttete es von An- bis Abpfiff kontinuierlich, was aber der Stimmung unter den paar hundert Mitgereisten keinen Abbruch tat. Alles in allem ein lustiger Sonntagsausflug an die Seenplatte mit schmackhaftem Rotbarsch, preiswertem Stadionbier und größtenteils gastfreundlichen Einheimischen.

Aufstellung 1860: Tschauner – T. Hoffmann, Ghvinianidze, Berhalter, Johnson – Beda – Ledgerwood, Bierofka (84. Holebas) – D. Schwarz – Lauth (66. Di Dalvo), Kucukovic

Am Vorabend besuchte ich im tiefen Westen Berlins eine weitere Partie der 1. Pokalrunde zwischen Tennis Borussia und Energie Cottbus. Im Mommsenstadion war die Stimmung gegenüber Neustrelitz wesentlich aufgeheizter, denn seit gemeinsamen Zweitligazeiten zu Beginn des neuen Jahrtausends pflegt man eine gewisse Rivalität. Abgesehen von ein paar Rangeleien unter Fans der spielbeteiligten Teams mit anwesenden Unruhestiftern vom BFC und der Hertha blieb trotz der unübersichtlichen Situation alles im Rahmen. Die Partie, in der streckenweise kein Klassenunterschied zu erkennen war, entschied Cottbus letztendlich mit 3:0 für sich. Torschützen: Rangelov (20., 72.), Jelic (28.)

Hertha BSC Berlin – Liverpool FC 0:0

Die Hertha hatte an diesem Dienstagabend mit dem FC Liverpool einen wahrhaft großen Testspielgegner an Land gezogen. Leider fehlten auf beiden Seiten die EM-Teilnehmer (Friedrich einerseits, das spanische Quartett Torres, Xabi Alonso, Reina, Arbeloa bei den Reds), zudem der verletzte Stevie Gerrard.

Erwartungsgemäß nutzen die beiden Trainer Favre und Benitez die Partie, um einigen Neulingen die Chance zu geben, erstmalig vor großem Publikum zu spielen. Allein Hertha brachte vier Debütanten. An sich nichts Verwerfliches. Doch die vielen Wechsel hemmten den Spielfluss merklich. Die Berliner mühten sich sehr, und hätten insgesamt den Sieg sogar verdient gehabt. Liverpool hingegen wirkte ziemlich lustlos. Nur Pennant, Voronin und mitunter Mascherano erreichten annähernd Normalform. Und so entwickelte sich ein ziemlich müdes Ballgeschiebe mit kaum nennenswerten Torraumszenen. Einziger Höhepunkt blieb vor mehr als 50.000 Zuschauern ein von Fiedler parierter Strafstoß (Schütze Voronin). Zu erwähnen bleibt noch die Tatsache, dass die Liverpooler zur Halbzeitpause nicht in die Kabine gingen, sondern ihre Regeneration und Besprechung am Spielfeldrand absolvierten.

Hertha: Drobny (46. Fiedler) – Chahed (60. Radjabali-Fardi), von Bergen, Kaka, Stein – Ebert (74. Bigalke), Dardai (66. Lustenberger), Kacar (60.), Piszczek (79. Riedel) – Raffael (66. Domovchiyski), Pantelic (74. Hartmann)

Liverpool: Cavalieri (65. Martin) – Insua (46. Dossena), Agger (46. Hyypia), Darby (46. Skrtel), Carragher (46. Degen) – Pennant (65. Benayoun), Leto, Plessis, Mascherano – Voronin, Pacheco (74. Kuyt)

Zuschauer: 51.684

Alaska

Die Fotos meiner Reise nach Alaska und Yukon im Mai 2008 stehen jetzt im neu eingerichteten Fotoalbum zur Verfügung.

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1.FC Union Berlin – Dynamo Dresden 4:2

Aufstiegskampf in der Regionalliga Nord. Es stand also mal wieder ein Besuch in der Alten Försterei zu Köpenick auf dem Programm. Und am bisher wärmsten Tag dieses Jahres in Berlin (T-Shirt-Wetter bis Mitternacht!) ging es gegen einen alten Rivalen aus DDR-Oberligazeiten: SG Dynamo Dresden.

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Aufgrund polizeilicher Auflagen wurden die Gäste aus Sachsen leider ziemlich schikaniert. Anreisen durfte letztendlich nur eine sehr begrenzte Anzahl an Gästefans, die personifizierte Tickets erwarben, gekoppelt an einen Sonderzug (andere Reiseformen waren untersagt) und in Berlin erwartungsgemäß abgeschirmt und begleitet wurden. Und dementsprechend schwach besucht war die Gästetribüne. Zu einem Zeitpunkt Mitte der zweiten Halbzeit entrollten die Union-Fans sogar ein Transparent mit der Aufschrift “Gegen Diskriminierung von Auswärtsfans – Gleiches Recht für Alle!” – und das fand ich ein bemerkenswertes Symbol der Solidarität, vor allem wenn man bedenkt, dass sich die beiden Lager eigentlich nicht ausstehen können.

Auf Seiten der Eisernen war die Stimmung hingegen prächtig, dem Aufstieg in die 2. Liga so nahe wie lange nicht mehr. Und der Spielverlauf tat sein übriges: Souverän gelang ein 4:2-Heimsieg. Die Euphorie ist derzeit groß, aber noch sind 3 Spiele zu absolvieren…

Und nicht zuletzt war dieser Abend eine Demonstration für das Stadion an der Alten Försterei. Zeitweise fühlte ich mich erinnert an die letzten Auftritte der Löwen im Grünwalder Stadion. Aber im Gegensatz zu den Sechzgern geben die Köpenicker ihre Heimat nicht auf, sondern renovieren sie eigenhändig in der kommenden Sommerpause, sodass auch nächste Saison dort gespielt werden kann – sei es in nun der 2. Liga oder in der neuen landesweiten 3. Liga.

Zuschauer: 11.419
Spielstätte: An der Alten Försterei
Aufstellungen: 1. FC Union Berlin: Glinker – Bemben, Stuff, Göhlert (81. Ruprecht), Gebhardt – Bönig (89. Menz) – Mattuschka, Younga-Mouhani, Spork – Benyamina, Biran (74. Patschinski)
  SG Dynamo Dresden: Hesse – Truckenbrod, Hübener, Stocklasa, Pelzer – Wagefeld – Bendovskyi (68. Dobry), Ulich, Penksa (68. Pfeffer), Nikol (53. Cozza) – Bröker
Schiedsrichter: Michael Kempter (Sauldorf)
SR-Assistenten: Kadach (Suderburg), Pickel (Mendig)
Gelb: Stuff, Bemben, Biran – Hübener
Torschützen: 1:0 Stuff (6.), 2:0 Biran (31.), 2:1 Bröker (40.), 3:1 Biran (56.), 3:2 Wagefeld (57.), 4:2 Biran (64.)

Travelbuddy

Immer wieder höre ich, dass ich doch schon “überall” auf der Welt gewesen wäre. Weit gefehlt: Laut Travelbuddy habe ich bislang gerade mal ein gutes Viertel dieses Planeten bereist.

Pokalfinale 2008

Wieder mal ein Großereignis in Berlin. Das diesjährige Pokalfinale zwischen Bayern München und Borussia Dortmund zog weit mehr Fans der beiden Lager an als im Stadion Platz finden könnten. Mit ein paar Bekannten zog ich am Nachmittag Richtung Ku’damm und Gedächtniskirche los, wo sich die Dortmunder Anhänger – mit und ohne Karten – auf das Spiel vorbereiteten, während sich die Bayern-Fans abseits der Innenstadt in Spandau versammelten. Die umliegenden Fußballkneipen waren längst überfüllt, sodass wir uns trotz der niedrigen Temperaturen für die Fanmeile entschieden. Im Schlepptau zwei Reporter der Ruhrnachrichten, die einen Artikel über unser Zusammentreffen verfassten.

Pokalfinale 2008 auf der Fanmeile

TuS Koblenz – TSV 1860

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Das Osterwochenende nutze ich, um mir mal wieder die Löwen in der Ferne anzuschauen. Die Partie im Stadion Oberwerth in Koblenz ist schnell zusammengefasst: Ein Spiel, das keinen Sieger verdiente, aber trotzdem mit 3:1 an die Tussis ging. Vorentscheidend war die Tatsache, dass Sechzig innerhalb von acht Minuten der ersten Halbzeit zwei Eigentore fabrizierte – zu einem Zeitpunkt, als Koblenz noch keinen einzigen Torschuss auf die Reihe brachte. Zudem einigten sich beide Teams auf einen Nichtangriffspakt. Das aber eher unfreiwillig: Fehlpässe und Emotionslosigkeit gaben den Ton an. Schwamm drüber. Die Aufstiegsträume können nun wohl endgültig begraben werden.

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Davon abgesehen war der Ausflug nach Rheinland-Pfalz ganz unterhaltsam. Im Stadion traf ich mit Christian und Markus mal wieder die Heimstettener Fraktion, und während die gesamte Republik unter Sauwetter litt, erfuhr ich zwei Tage strahlenden Sonnenschein – wenn auch bei eisigen Temperaturen. In Speyer besuchte ich Hendrik, der sich in Berlin einen Namen als Mitbegründer der Löwenrunde in der Schöneberger Champions Bar gemacht hatte. Nach einem kultur-historisch interessantem Stadtrundgang mit Speyrer Dom und Bayrischem Verwaltungssitz (1816 bis 1945) lernte ich am Abend die heimische Kneipenszene kennen. Und nach dem Spiel am nächsten Tag in Koblenz durfte ein Besuch am Deutschen Eck, dem Zusammenfluss von Mosel und Rhein, nicht fehlen.

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SV Babelsberg 03 – 1.FC Union Berlin

Da die Sechzger bestimmt auch dann wieder unentschieden spielen, wenn ich mir das Spiel nicht in der Kneipe anschaue, und weil ich mal wieder Lust auf einen Stadionbesuch hatte, machte ich mich diesen Sonntag auf den Weg nach Potsdam ins dortige Karl-Liebknecht-Stadion. Auf dem Spielplan der Regionalliga stand das Berlin-Brandenburg-Derby zwischen Babelsberg und Union.

An den Stadiontoren in Babelsberg

Die Wettervorhersage verhieß nichts Gutes, aber der prophezeite Dauerregen blieb glücklicherweise aus. Ungemütlich nasskalt war’s trotzdem. Sei’s drum. Das Kartenkontingent für die Gäste aus Köpenick (3.300) war vergangene Woche schon vergriffen, und die Vorstädter verzichteten auf einen weiteren Vorverkauf, um zu vermeiden, dass sich Berliner in die Brandenburger Blöcke mischten. Karten gab es somit nur an der Tageskasse – und eben nur für Zuschauer, die sich nicht als Unioner zu erkennen gaben. Wie so viele Begegnungen in der Regionalliga Nord wurde auch dieses als Risikopartie eingestuft. Die massive Polizeipräsenz auf dem gut ein Kilometer langen Weg vom Bahnhof zum Stadion sprach für sich. Rund 700 Beamte waren im Einsatz – und das für letztendlich 6.822 Zuschauer. Ausverkauft. Wie das aber bei einem offiziellen Fassungsvermögen von 10.499 möglich sein soll, bleibt mir ein Rätsel. Die Hütte war jedenfalls voll.

Rechtzeitig zur Öffnung der Kassenhäuschen um 11 Uhr angekommen, sicherte ich mir eine Stehplatzkarte gleich neben dem Gästeblock. Schließlich ist es kein Geheimnis, dass ich mit den Eisernen aus Köpenick sympathisiere. Die Zeit bis zum Anpfiff um 13.30 Uhr nutzte ich für ein ausgiebiges Frühstück. Nein, nicht die übliche Stadionkost Bratwurst und Bier, sondern ein spanisches Desayuno: In einem nahegelegenen Café gönnte ich mir Serrano-Schinken, Queso Manchego, Chorizo, Oliven, getrocknete Tomaten, Cafe con leche. Das hätte ich in der Potsdamer Vorstadt auch nicht erwartet.

Danach ging’s ins Stadion: Das “Karli”, wie sie das Karl-Liebknecht-Stadion hier nennen, ist ein klassisches Fußballstadion ohne Laufbahn, mit einer kleinen, überdachten Sitzplatztribüne und drei Stehplatzrängen (von der Bauart ähnlich der Alten Försterei). Erwähnenswert sind auch die ausklappbaren Flutlichmasten. Und es ging gleich etwas ungewöhnlich los. Dass Gästefans aus Sicherheitsgründen nach Schlusspfiff erst verspätet ausgelassen werden ist vielerorts gängige Praxis. Heute aber blieb der Unioner Gästeblock bis fünf Minuten nach Anpfiff leer. Lediglich ein paar Transparente waren zuvor schon angebracht worden. Die Eisernen sammelten sich nämlich hinter der Tribüne, um sie dann gleichzeitig und lautstark einzunehmen, ja fast schon zu stürmen. Das Ganze umrahmt von einer Rauchbombe und ein paar Böllern. Das machte mächtig Eindruck auf die Babelsberger, in deren Block ich mich ja befand. Die Schmährufe wurden lauter, auf beiden Seiten wurden abgezogene Schals und Fahnen angezündet, und als dann auch noch vereinzelt Wurfgeschosse hin- und herflogen, wechselte ich meinen Platz und verzog mich in eine etwas ruhigere Ecke. Schließlich befand ich mich direkt in der Schusslinie und wollte nicht unbedingt zwischen die Fronten geraten. Fußball im Osten – ein Kapitel für sich.

Im Karl-Liebknecht-Stadion Babelsberger Hass Dreieinhalbtausend Unioner sorgen für Stimmung

Das Spiel selbst war eine klare Angelegenheit: Union dominierte, der SVB mühte sich, brachte aber nichts Nennenswertes zustande. Zur Halbzeit war die Truppe um Ex-Löwe Marco Gebhardt, der per Ecke die Führung einleitete, und dem ehemaligen St. Paulianer Nico Patschinski 2:0 in Führung gegangen. In der zweiten Hälfte wurde es etwas ruhiger, die Potsdamer Fans stellten ihre Unterstützung ein, und Union erhöhte schließlich auf 3:0. Oder besser “Null Drei” – der Schlachtruf der Vorstädter wurde nun lauthals von den Berliner Gästen intoniert. Man befindet sich jetzt wieder auf einem Aufstiegsplatz. Da bleibt nur noch zu hoffen, dass bald genügend Mittel zur Sanierung der Alten Försterei aufgebracht werden können. Der DFB erachtet die Heimstätte der Eisernen nämlich als weder zweit- noch drittligatauglich.

Nach Schlusspfiff machte ich mich dann durchgefroren auf schnellstem Wege nach Hause. Ich wollte nicht unbedingt erleben, was passiert, wenn sich die beiden Gruppen auf dem Weg zum Bahnhof mit der Polizei treffen.

Stadionversorgung Das Karli Belegmaterial für meinen Besuch

Ghana 2008 Africa Cup of Nations

Viertelfinale Ghana-Nigeria im Ohene Djan Sports Stadium von Accra

Wer als ausländischer Tourist während der WM 2006 erstmalig nach Deutschland kam, war wohl ziemlich positiv überrascht ob der guten Stimmung im Lande und der Feierlaune der Einheimischen. Ähnlich erging es mir in den vergangenen Wochen während meines Besuches in Ghana zur 26. Afrikameisterschaft. Die Ghanaer mögen auch sonst freundliche und ehrliche Menschen sein, doch die Ausrichtung dieses Großereignises, auf die man im Übrigen sehr stolz war, versetzte die ganze Nation in eine dreiwöchige Phase der Euphorie und Begeisterung. Selbst das Ausscheiden der Gastgeber im Halbfinale (eine weitere Parallele zur letzten WM!) konnte die gute Laune nicht wirklich stoppen.

Rund eine Million Besucher kamen nach Ghana, um an diesem Spektakel teilhaben zu können. Die meisten davon aus benachbarten Ländern wie Cote d’Ivoire, Nigeria und Benin. Aber ich traf auch einige Leute aus Guinea, Mali, Kamerun, Namibia und Ägypten. Und dann waren da natürlich auch einige Fußballbegeisterte aus Europa, vor allem aus Deutschland und von den britischen Inseln. Dass sich aber soviele “Obruni” (Weiße) für den Afrika-Cup interessieren kam für viele Einheimische überraschend, was aber auch eindeutig den Stellenwert unterstreicht, den der afrikanische Fußball mittlerweile innehat. Die meisten der großen Stars spielen bekanntlich in England und Frankreich, aber auch einige Vertreter aus der Bundesliga (und niedrigeren Spielklassen) mischten mit.

Und so kam es, dass sich Fans aus Nottingham, Leeds, Derby, Cardiff über Portsmouth, Ipswich, Dublin und Glasgow bis hin nach Braunschweig, Magdeburg, Nürnberg und Wien an einem Tisch zu dem einen oder anderen Bier vor (und nach) dem Spiel trafen. Und ich als Sechzger mittendrin. Sogar einen Roten hatten wir mal dabei. Im heimischen Ligabetrieb oder gar bei einer Europameisterschaft einfach unvorstellbar. Ein ganz besonderer Charakter war Alessandro, seines Zeichens leidenschaftlicher Anhänger des SSC Napoli, mit dem ich mich zwar nicht auf eine einvernehmliche Analyse der vergangenen WM einigen konnte, der aber seit den Neunziger Jahren ein auch für Italiener seltenes Hobby pflegt: Länderspiele Kameruns zu besuchen, ganz gleich wo.

Ghana-Fans auf dem Weg zum Spiel Beim Eröffnungsspiel mit den Jungs aus Nottingham Im Ohene Djan Stadium von Accra

Abgesehen vom Fußballgeschehen, das ganz klar im Vordergrund stand, nutzte ich natürlich die Gelegenheit, dieses faszinierende Land Westafrikas kennenzulernen. Das Klima ist erwartungsgemäß tropisch, bei einer an eine Waschküche erinnernde Luftfeuchtigkeit von über 90% und Temperaturen zwischen nachts 25 und tagsüber 35 Grad. Das Sightseeing in der Hauptstadt Accra kann man sich schenken, da es quasi nichts wirklich Sehenswertes gibt. Dafür ist das Nachtleben umso aufregender, mit zahlreichen Bars, Musik-Kneipen und Discos. Ein erstes Highlight war aber sicherlich die Live-Band, die in der Ankunftshalle des internationalen Flughafens Kotoka noch vor der Passkontrolle die ankommendenen Passagiere mit schwungvollen Melodien begrüßte: “It’s football time, welcome to Ghana!” oder so ähnlich. Bei der Rückkehr nach Frankfurt wurden wir übrigens direkt am Flugzeug von Drogensuchhunden und eifrigen Bundesgrenzschutzbeamten empfangen.

Quartier bezog ich im freundlichen Hansonic Hotel im Westen der Stadt, gleich hinter dem ständig Verkehrchaos-verursachenden Kaneshie Market. Da es mir dort gut gefiel (vernünftige Zimmer zu niedrigen Preisen, gutes Essen und ein schattiger “Biergarten”), nutzte ich diese Herberge als Basislager, zu dem ich von diversen mehrtägigen Exkursionen immer wieder zurückkehrte.

Kleine Zwischenmahlzeit gefällig? Auf dem Kaneshie-Markt in Accra Teilnehmer der Eröffnungsfeier

Nach dem Eröffnungsspiel im restlos ausverkauften Ohene Djan Sports Stadium in Accra, das Ghana mit 2:1 gegen Guinea für sich entschied, stand Kumasi auf dem Plan, Zentrum der Ashanti-Region. Als zuverlässiges Transportunternehmen gilt STC Intercity, und so begab ich mich frühmorgens zum entsprechenden Busbahnhof, um mich auf die voraussichtlich 4- bis 5-stündige Fahrt zu machen. Der 7-Uhr-Bus war leider schon voll, sodass ich ein Ticket für den nächsten um 8.30 Uhr löste. Ich hatte ja genug Zeit. Noch. Es wurde neun, halb zehn, aber weit und breit kein Bus nach Kumasi. Zumindest blieb Zeit, um mich an diversen Ständen mit Frühstück zu versorgen (Beef pastries, Plantain chips, Malzbier…) und mich mit einigen Leidensgenossen auszutauschen, die ebenfalls pünktlich zum Anstoß um 17 Uhr im Stadion von Kumasi sein wollten. Darunter Jari aus Finnland und Gary aus Wales, mit denen ich später dasselbe Hotel bezog, sowie ein Pressefotograf aus Kamerun, der schon um seinen Job bangte, wenn er keine Bilder vom ersten Auftritt der “unzähmbaren Löwen” liefern würde. Schließlich kam dann doch noch ein Bus – im Übrigen gar kein schlechter, mit Klimaanlage und ausreichend Beinfreiheit – und gegen Viertel nach zehn verließen wir Accra. Die Strecke nach Kumasi ist allerdings von Baustellen gesäumt, was unweigerlich zu Staus führte und die Fahrzeit auf etwas über sechs Stunden verlängerte. Nach Erreichen der Stadtgrenze Kumasis, mit dem Stadion in Sichtweite, wurde mir bewusst, dass das Verkehrschaos hier noch eine Stufe schlimmer ist als in der Hauptstadt.

Gegen halb fünf checkten wir ins erstbeste Hotel am Busbahnhof ein und nahmen ein Taxi zum Stadion, das nach zwei Kilometern abermals im Verkehr stecken blieb. Schließlich folgten wir dem guten Rat des Taxifahrers, “Better you run”, und kamen gerade noch rechtzeitig, um an den Stadiontoren VIP-Tickets für $15 zu ergattern. Im Laufschritt zur Haupttribüne, Platz genommen, tief durchgeatmet, Blick aufs Spielfeld gerichtet – Anstoß! Wir hatten es geschafft. Auswärtsspiel in Kumasi. Titelverteidiger Ägypten gegen Mitfavorit Kamerun. Zu meinem Glück kam auch gleich ein Wasserverkäufer vorbei. Die 1,5-Liter-Pulle leerte ich in Rekordzeit. Die Hitze, gepaart mit der sportlichen Anreise, hatte meinem System ziemlich zugesetzt. Und wie überall in Ghana, ist auch im Stadion eine Portion Chicken & Rice nicht weit – ich hatte ja außer ein paar Snacks am frühen Morgen noch nichts zu mir genommen. Das Spiel wurde klar von den Ägyptern dominiert, die Kamerun mit 4:2 fast schon deklassierten. Zu diesem Zeitpunkt rechnete niemand damit, dass ausgerechnet diese beiden Teams fast drei Wochen später im Endspiel erneut aufeinandertreffen würden. Das VIP-Ticket ermöglichte mir übrigens Zutritt zum Spielerausgang, wo ich mit Ausnahme von Barcelonas Stürmerstar Samuel Eto’o, der noch in der Pressekonferenz war, sämtliche Mitglieder der kamerunischen Equipe samt Otto Pfister gesenkten Hauptes den Mannschaftsbus betraten sah.

Im Stadion von Kumasi An der Brücke über den Volta Ägypten-Kamerun in der Vorrunde (Kumasi)

Mittlerweile war es dunkel geworden, und die zweite, zugegebenermaßen weniger attraktive Begegnung des Abends stand an: Sudan gegen Sambia. Über das Stadion senkte sich ein gruseliger Nebel, der auf die sich abkühlende feuchte Luft zurückführen lässt. Optisch erinnerte das an einen ungemütlichen Novemberabend in der Heimat, herrschten da nicht Temperaturen um die 30 Grad. Das unterhaltsame Spiel bescherte uns drei weitere Tore, allesamt für Sambia. Die Strapazen der Anreise hatten sich gelohnt.

Während Kumasi hinsichtlich Betriebsamkeit die Hauptstadt tagsüber locker in den Schatten stellt, ist es nachts umso ruhiger. Wäre da nicht der Afrika-Cup mit all seinen Besuchern gewesen, hätte man sich wohl in einer Geisterstadt gewähnt. Der nächste Tag gestaltete sich dann weitaus entspannter, mal vom Wahnsinn des größten Marktes Westafrikas (Kejetia Market) abgesehen.

Der nächste Ausflug brachte mich nach Cape Coast, mit einem der größten Sklavenforts der Goldküste, und in den Kakum-Nationalpark, dessen Hauptattraktion der Canopy Walkway ist: eine rund 350 Meter lange, mit Seilen gesicherte Fußgänger-Hängebrücke, die 40 Meter über dem Boden des Waldes gespannt ist. Unterwegs gibt’s an den Bäumen kleine Aussichtsplattformen, die nicht nur einen einzigartigen Blick auf den tropischen Regenwald bieten, sondern vor allem auch die Möglichkeit durchzuschnaufen, sich wieder zu sammeln und sich den Schweiß von der Strirn zu wischen. Es handelt sich dabei nämlich um eine ziemlich wackelige Angelegenheit, die ganz sicherlich nichts für Leute mit Höhenangst ist!

Cote d'Ivoire - Benin im Sekondi Sports Stadium Berti Vogts, noch Trainer von Nigeria Wackelige Hängebrücke im Kakum-Nationalpark

Mit Sekondi besuchte ich den dritten der insgesamt vier Spielorte (Tamale im hohen Norden ließ ich aus). Ich schloss mich einer Gruppe deutscher Groundhopper an, die einen klimatisierten Minivan gechartert hatten, der uns ohne Umwege schnell und direkt ans Ziel brachte. In Sekondi war die Gruppe B zu Gast, mit Nigeria, Elfenbeinküste, Mali und Benin rein westafrikanisch besetzt. Nur etwa 130 km von der ivorischen Grenze entfernt, waren auch entsprechend viele Fans der “Elephants” angereist. Ich hatte zudem das Vergnügen, mir auf der Tribüne den Platz mit einer ivorischen Blaskapelle zu teilen. Die vier Tore gegen Benin trugen zusätzlich zur guten Stimmung bei. Aber auch die Nigerianer wussten zu feiern, wenn sie auch nur ein mageres 0:0 gegen Mali zustandebrachten.

Nach ein paar erlebnisreichen, aber anstrengenden Tagen war zurück in Accra erstmal wieder Erholung angesagt. Ausschlafen, essen, spazierengehen… Das nächtliche Ausgehen kann dort richtig Spaß machen, zahlreiche gute “Spots” (so heißen hier die Kneipen), allenorts Musik (darunter auch einige Live-Clubs) und Diskotheken mit Frauenüberschuss. Zudem ist es in Accra für eine afrikanische Großstadt selbst nachts ziemlich sicher. Man kann getrost umherstreunen, ohne Angst um Leib und Portmonnaie haben zu müssen. Für längere Strecken empfiehlt sich trotzdem ein Taxi zu nehmen. Eine Stadtfahrt kostet nicht mehr als 3 Euro.

Vorbereitung aufs Spiel in Duncan's Spot Finale Kamerun-Ägypten Lautstarker Support für Ghana

Im Viertelfinale standen sich dann Ghana und Nigeria gegenüber. Eine Begegnung, die in Afrika Emotionen hervorruft, wie man sie hierzulande vor Partien wie Deutschland – England kennt. Allerdings ganz ohne Krawalle oder Ausschreitungen. Das Spiel allerdings hatte es in sich. Nigeria ging nach einem umstrittenen Elfmeter 1:0 in Führung, Ghana glich mit dem Pausenpfiff aus, und im Stadion wurde die gesamte Halbzeitpause hindurch gefeiert, als hätte man die Meisterschaft schon gewonnen. In der 60. Minute flog der ghanaische Kapitän John Mensah vom Platz und Nigeria drängte auf Sieg. Acht Minuten vor Schluss erzielte dann Junior Agogo vom englischen Drittligisten Nottingham Forest das spielentscheidende 2:1 und erlöste die Gastgeber. Was sich im Anschluss auf den Straßen Accras tat, ist schlichtweg unbeschreiblich. Eine Stadt im Ausnahmezustand.

Zwischenzeitlich fuhr ich noch in die Volta-Region im Osten des Landes: bergige Landschaft, staubige Pisten, Wasserfälle und beschauliche Kleinstädte. In Ada Foah, an der Mündung des Flusses Volta, nächtigte ich in einer Bambushütte als einziger Besucher eines Beach Camps, das nur auf dem Seeweg zu erreichen ist. Einen etwa 2 km langen Sandstrand hatte ich somit alleine für mich. Einfach traumhaft. Mit der Köchin, der ich eine leckere Portion Fisch in scharfer Tomatensoße mit frittierten Yam Balls verdanke, und dem Nachtwächter saß ich noch bis spät in die Abendstunden am Lagerfeuer am Strand. Wir hatten uns viel zu erzählen. Die restlichen Tage verbrachte ich damit, mit einer Fähre die Seitenarme des Flusses abzufahren und kleine Dorfmärkte besuchen.

Wasserfall von Wli in der Volta-Region Shrimps & Fried Rice Am Strand von Ada Foah

Nachdem Ghana im Halbfinale gegen Kamerun 0:1 unterlag, war die Euphorie erst mal ein wenig gebremst. Doch bald schon war der Schmerz überwunden, und das spätestens nach dem glanzvollen Auftritt gegen die Elfenbeinküste im Spiel um den 3. Platz. Insgesamt taten diese drei Wochen nicht nur mir gut, sondern vor allem auch dem Land. Und viele Besucher, die sonst wohl nie den Weg hierher gefunden hätten, konnten sich von der Herzlichkeit der Ghanaer überzeugen.

Und fürs Endspiel bekam man problemlos Tickets zu rund 7 Euro.

Hier noch eine Übersicht aller 12 Partien, die ich besuchte:

Ghana – Guinea 2:1 (Gruppe A, Accra)
Ägypten – Kamerun 4:2 (Gruppe C, Kumasi)
Sudan – Sambia 0:3 (Gruppe C, Kumasi)
Guinea – Marokko 3:2 (Gruppe A, Accra)
Ghana – Namibia 1:0 (Gruppe A, Accra)
Elfenbeinküste – Benin 4:1 (Gruppe B, Sekondi)
Nigeria – Mali 0:0 (Gruppe B, Sekondi)
Ghana – Marokko 2:0 (Gruppe A, Accra)
Elfenbeinküste – Mali 3:0 (Gruppe B, Accra)
Ghana – Nigeria 2:1 (Viertelfinale, Accra)
Ghana – Kamerun 0:1 (Halbfinale, Accra)
Kamerun – Ägypten 0:1 (Finale, Accra)

Alle Fotos und Videos könnt ihr euch online anschauen.