Da der 3. Oktober heuer glücklicherweise auf einen Freitag fiel, und ich zudem bei Ryanair einen 28-Euro-Flug nach East Midlands ergattern konnte, stand einem verlängerten Wochenende in England nichts mehr im Wege. Und nicht nur der Spielplan, sondern auch das Wetter zeigte sich gnädig.
Als Basislager für meine Exkursionen wählte ich das nahegelegene Nottingham, wo ich mit der Meadow Lane und dem City Ground zunächst die Spielstätten von Notts County (ältester noch aktiver Fußballclub Englands, heute viertklassig) und Nottingham Forest (zweifacher Europacupsieger 1979 und 80, heute zweitklassig) inspizierte. An der Meadow Lane stand gerade das Abschlusstraining für die nächste Auswärtspartie bei Port Vale auf dem Programm. Am Stadiontor waren noch die letzten Grüße an den kürzlich verstorbenen langjährigen Team Manager Jimmy Sirrel (85) in Form von Blumen, Fanschals und Trikots angebracht. Die Haupttribüne wurde schon zuvor nach ihm benannt.
Am anderen Ufer des River Trent, und gerade mal 500 Meter Luftlinie entfernt, liegt der City Ground von Nottingham Forest. Dort wo noch bis in die Neunziger Jahre hinein Europacupspiele stattfanden, freute man sich noch bis vor kurzem nach tiefem Fall über den Wiederaufstieg in die 2. Liga, wo man aber mittlerweile abgeschlagen den letzten Platz belegt. Vor den Toren sprach mich ein Vereinsangestellter an, ob ich das Stadion auch gerne mal von innen besichtigen würde. Souverän erklärte ich, dass ich das Ticket fürs morgige Spiel schon besorgt hätte. Nach kurzem Plausch (“I travel to all Nottingham and England away matches, see you in Berlin next month”) wurde ich ins Stadioninnere gebeten. Ich könne mich überall frei bewegen und Fotos machen – “make sure to close the gate when you leave, and just don’t walk on the pitch, mate”. Wunderbar! Ein sehr herzliches Willkommen also in den East Midlands.
Am Freitagnachmittag begab ich mich dann auf den Weg nach Stockport, südöstlich von Manchester gelegen, das den 15 Meilen entfernten Lokalrivalen aus Oldham zu Gast hatte. Es war ein sonniger, aber sehr kalter und windiger Tag, so dass ich mich zwangsläufig vor der abendlichen Partie in einem der freundlichen lokalen Pubs aufwärmen musste. Und in den Genuss des hervorragenden Ale aus der lokalen Brauerei Robinson’s kommt man ja auch außerhalb des südlichen Manchesters kaum.
Stockport County 3, Oldham Athletic 1
League One, 3. Oktober 2008, Edgeley Park, 8.360 Zuschauer
Der Edgeley Park war zwar nicht ganz ausverkauft, die Stimmung dagegen wirklich erstklassig. Stockport County war als Aufsteiger gut in die Saison gestartet, während Lokalrivale Oldham Athletic souverän an der Tabellenspitze stand. Letztere dominierten die erste Hälfte auch klar und gingen in der 24. Minute erwartungsgemäß in Führung. Daraufhin brach auf der Cheadle End Tribüne eine wilde Schlägerei aus. Auslöser waren ein paar provokant auftretende Oldham Supporters, die sich im gegnerischen Fanblock eingefunden hatten, da das Kartenkontingent der Gastmannschaft vollends ausgeschöpft wurde. Nach kurzer Spielunterbrechung und Zugriff durch Ordnungskräfte und Polizei konnte ich mich wieder aufs Spiel konzentrieren. Zur zweiten Hälfte kam County wie ausgewechselt aus der Kabine und schenkte den Nachbarn gleich drei Stück ein. Dementsprechend ausgelassen wurde dann auch gesungen.
Nottingham Forest 0, Crystal Palace 2
Championship, 4. Oktober 2008, City Ground, 22.811 Zuschauer
Zurück in der Heimatstadt von Robin Hood stand am Samstag das Kellerduell gegen die Londoner von Crystal Palace an. Irgendwie erinnerte mich die momentane Situation an die des 1.FC Kaiserslautern in der vergangenen Saison 2007/08: Ein einst sehr erfolgreicher Traditionsverein mit imposantem Stadion und vielen treuen Fans am Rande des Abgrunds. Traurig. Auch gegen den Drittletzten gelang trotz zahlreicher Chancen kein Tor, und nach drei Minuten stand es schon 0:1. Die Palace-Fans hatten reichlich Spaß am Auswärtssieg und bedankten sich mit einem hämischen “You’re not famous anymore” – selber waren sie es ja nie.
In den Pubs rund ums Stadion herrscht übrigens eine strikte Home Supporters Only Policy. Da ich aber ganz eindeutig kein Londoner bin, konnte ich sogar die härtesten Türsteher überzeugen.
Manchester City 2, Liverpool FC 3
Premier League, 5. Oktober 2008, City of Manchester Stadium, 47.280 Zuschauer (ausverkauft)
Am darauffolgenden Tag stand dann das absolute Highlight auf dem Programm, das nicht nur hielt, was es versprach, sondern diesen Sonntag zu einem wirklich erinnernswerten Tag machte. Man City v Liverpool im ausverkauften City of Manchester Stadium. Mit dem geldbeutelschonenden Cheap Day Return der britischen Bahn (Hin- und Rückfahrt am selben Tag nur 10p mehr als eine Einzelfahrt) war ich nach 2 Stunden in Manchester Piccadilly angekommen. Weiß-blauer Himmel, sonnig, 16 Grad. Perfektes Fußballwetter. Da die Sonderbusse Richtung Stadion völlig überfüllt waren, machte ich mich auf den 30-minütigen Fußweg.
Die Atmosphäre im Stadion war elektrisierend. Die Reds als noch ungeschlagener Tabellenführer zu Gast bei den mit großen Namen wie Robinho verstärkten Citizens. Und als letztere dann auch noch vor der Halbzeit überzeugend durch Stephen Ireland und Garrido 2:0 in Führung gingen, ertönte aus tausenden Kehlen “City, City – the greatest team in the world” und natürlich die Vereinshymne “Blue Moon”. Endlich möchte man zu den “Big Four” Chelsea, Arsenal, Man Utd und Liverpool aufschließen, die seit Jahren die Liga dominieren.
Doch in der zweiten Hälfte kam alles ganz anders. Liverpool gelang durch den einmal mehr überragenden Fernando Torres der Anschlusstreffer. Ein grobes Foul von Zabaleta in 67. Minute, das zum Unmut der Fans mit Rot geahndet wurde, brachte dann das Spiel zum Kippen. Es war erneut Torres, der darauf den Ausgleich beisteuerte, und schließlich Dirk Kuyt in der 2. Minute der Nachspielzeit, der den Auswärtssieg perfekt machte. Die Heimfans fühlten sich durch einige zweifelhafte Schiedsrichterentscheidungen verschaukelt, während von der Gästetribüne “You’ll never walk alone” lauter ertönte als ich es beim letzten Besuch an der Anfield Road kannte.